Um die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege zu verbessern, wurden 2008 im sogenannten Pflegezeitgesetz einige grundlegende Vereinbarungen getroffen. Definiert wurden die folgenden vier Pflegezeit-Modelle, die gleichermaßen für die Pflege Minderjähriger als auch Erwachsener gelten.
Kurzzeitige Arbeitsverhinderung bis zu 10 Arbeitstage
Unabhängig von der Größe ihres Unternehmens haben Arbeitnehmer und Auszubildende das Recht, ihrer Arbeit für bis zu zehn Arbeitstage fernzubleiben, um einen nahen Angehörigen pflegerisch zu versorgen bzw. dessen Pflege zu organisieren. Diese Option können Sie unverzüglich in Anspruch nehmen, wenn bei einem nahen Angehörigen eine akute Pflegesituation auftritt. Zum Beispiel durch einen Unfall oder einen Schlaganfall. Die zehn Tage können Sie sowohl am Stück als auch in einzelnen Teilen nehmen. Es können sich auch mehrere Verwandte die kurzzeitige Pflegezeit aufteilen, solange die Gesamtpflegezeit von zehn Arbeitstagen pro zu pflegender Person nicht überschritten wird. Wichtig: Wenn Sie die Pflegezeit vorzeitig beenden, muss Ihr Arbeitgeber umgehend schriftlich informiert werden. Während der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung unterstützt Sie die VIACTIV Pflegekasse mit dem sogenannten Pflegeunterstützungsgeld
Arbeitsverhinderung bis zu 6 Monaten
Vorausgesetzt das Unternehmen, in dem Sie arbeiten bzw. ausgebildet werden, beschäftigt noch mindestens 15 weitere Personen, so können Sie sich für die Pflege eines nahen Angehörigen insgesamt bis zu 6 Monate unbezahlt ganz oder teilweise von Ihrer Arbeit freistellen lassen. Das kann zum Beispiel dann nötig sein, wenn externes Pflegepersonal die Pflege zum vereinbarten Zeitpunkt nicht antreten kann und Sie weiterhin die Pflege übernehmen müssen. Die gewünschte Dauer der Pflegezeit muss Ihrem Arbeitgeber bzw. Ausbilder unverzüglich mitgeteilt werden. Dieser kann auch eine ärztliche Bescheinigung über die Notwendigkeit der Pflegezeit von Ihnen verlangen. Anspruch auf Pflegezeit haben auch Personen, die einem sogenannten „Minijob“, also einer Beschäftigung mit maximal 538 Euro im Monat, nachgehen. Erfüllt Ihr Unternehmen nicht die Mindestgröße von mehr als 15 Beschäftigten, können Sie auf freiwilliger Basis eine Pflegezeit mit Ihrem Arbeitgeber bzw. Ausbilder vereinbaren.
Familienpflegezeit bis zu 2 Jahren
Wenn sechs Monate Pflegezeit nicht ausreichen, können sich Arbeitnehmer bzw. Auszubildende in Unternehmen mit mehr als 25 Beschäftigten auch bis zu zwei Jahre teilweise freistellen lassen, um einen pflegebedürftigen Angehörigen zu versorgen. Damit Sie die sogenannte "Familienpflegezeit" in Anspruch nehmen können, muss bei Ihrem Angehörigen ein Pflegegrad vorliegen. Zudem müssen Sie auch während der Pflegezeit weiterhin mindestens 15 Stunden in der Woche arbeiten. Schließt die Familienpflegezeit an eine andere Pflegezeit an, darf eine Gesamtdauer von 24 Monaten nicht überschritten werden. Wenn Sie die Familienpflegezeit vorzeitig beenden, muss Ihr Arbeitgeber bzw. Ausbilder umgehend schriftlich informiert werden. Für Arbeitnehmer und Auszubildende in kleineren Betrieben gilt auch in diesem Fall: Sprechen Sie mit Ihrem Arbeitgeber, um eine Pflegezeit auf freiwilliger Basis zu erwirken.
Begleitung in der letzten Lebensphase
Um einen pflegebedürftigen Angehörigen in der letzten Lebensphase zu begleiten, können Beschäftigte sich bis zu drei Monate vollständig oder teilweise von der Arbeit freistellen lassen. Dies ist auch möglich, wenn der Angehörige in einem Hospiz oder einer anderen Einrichtung versorgt wird. Das Hauptaugenmerk liegt hierbei nicht auf der Pflege, sondern darauf, letzte gemeinsame Zeit zu verbringen. Ein Pflegegrad ist nicht erforderlich, der Arbeitgeber darf jedoch eine ärztliche Bescheinigung von Ihnen verlangen.
Sowohl bei kurzzeitiger Arbeitsverhinderung (bis zu zehn Arbeitstage) als auch während einer längeren Pflegezeit darf Ihnen Ihr Arbeitgeber Ihr Beschäftigungs- oder Ausbildungsverhältnis nicht kündigen. Zudem haben Sie das Recht, nach der Pflegezeit wieder in Vollzeit auf Ihre vorherige Stelle bzw. in Ihre Ausbildung zurückzukehren.
Lohnfortzahlung des Arbeitgebers
Generell gilt: Sie erhalten von Ihrem Arbeitgeber bzw. Ausbilder während der Pflegezeit weiterhin Entgelt für tatsächlich geleistete Arbeit. Bei vollständiger Freistellung wird Ihnen kein Entgelt gezahlt. Eine dem Elterngeld vergleichbare Sozialleistung gibt es während der Pflegezeit aktuell nicht. Der Pflegebedürftige kann dem pflegenden Angehörigen jedoch das Pflegegeld der Pflegekasse überlassen. Zudem gewährt das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben Beschäftigten auf Antrag für die Pflegezeit ein zinsloses Darlehen.
Beschäftigte erhalten bis zu 10 Arbeitstage Pflegeunterstützungsgeld als Lohnersatzleistung.
Während der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung haben Sie Anspruch auf einen Lohnersatz, das sogenannte Pflegeunterstützungsgeld, das Ihnen von der Pflegekasse der VIACTIV gezahlt wird. Als Brutto-Leistung werden dabei 90 Prozent des ausgefallenen Nettoarbeitsentgeltes gezahlt. Das kalendertägliche Pflegeunterstützungsgeld darf 70 Prozent der kalendertäglichen Beitragsbemessungsgrenze (2024 = 120,75 Euro) in der Krankenversicherung nicht übersteigen.
Um den Anspruch auf Pflegeunterstützungsgeld geltend zu machen, benötigen Sie eine ärztliche Bescheinigung, die die Pflegebedürftigkeit Ihres nahen Angehörigen belegt. Vom Pflegeunterstützungsgeld der VIACTIV werden auch Beiträge zur Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung gezahlt. Der Leistungsbezieher zahlt dabei jeweils den halben Anteil.
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