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Laktoseintoleranz (Milchzucker-Unverträglichkeit)

Autoren/Herausgeber: Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)

Einleitung

Nach dem Genuss von Milch und milchzuckerhaltigen Produkten haben viele Menschen mit Verdauungsproblemen wie Bauchschmerzen, Blähungen oder Durchfall zu tun. Wer Milchprodukte schwer verdauen kann, verträgt Milchzucker (Laktose) womöglich nur in kleinen Mengen. Fachleute sprechen dann von Laktoseintoleranz (Milchzucker-Unverträglichkeit).

Wenn jemand empfindlich auf Milch reagiert, könnte aber auch ein anderes Problem dahinterstecken. Bevor man sich dazu entschließt, seine Ernährung grundlegend zu verändern, ist es deshalb wichtig, dass die richtige Diagnose gestellt wird. Dies gilt vor allem für Kinder, Jugendliche und Personen mit einem erhöhten Kalziumbedarf. Denn Milchprodukte sind wichtige Kalziumlieferanten.

Auf einen Blick

  • Menschen mit Laktoseintoleranz vertragen nur wenig Milchzucker.
  • Wenn sie zu viele Milchprodukte verzehren, bekommen sie Verdauungsprobleme.
  • Wer seine Ernährung entsprechend anpasst, kann meist ohne Beschwerden leben.
  • In der Regel ist es nicht nötig, ganz auf Milchprodukte zu verzichten.
  • Ob Laktase-Produkte, Prä- oder Probiotika helfen, ist unklar.

Wichtig ist:

Eine Laktoseintoleranz ist keine Allergie. Bei einer Milchallergie reagiert der Körper selbst auf geringste Mengen von Milch oder Milchprodukten. Menschen mit Laktoseintoleranz vertragen dagegen bestimmte Mengen an Milchzucker, ohne Beschwerden zu bekommen.

Symptome

Zu den Symptomen einer Laktoseintoleranz gehören:

  • ein aufgeblähter Bauch
  • Völlegefühl
  • Unterbauchschmerzen
  • starke Blähungen
  • Durchfall
  • Übelkeit, Erbrechen
  • manchmal auch Verstopfung

Die Beschwerden treten frühestens eine halbe Stunde nach dem Verzehr von laktosehaltigen Lebensmitteln auf. Am stärksten sind sie nach etwa 1,5 bis 2 Stunden. Sie können über mehrere Stunden andauern.

Ursachen

Eine Laktoseintoleranz ist meist erblich bedingt. Deshalb wird auch von einer vererbten oder primären Laktoseintoleranz gesprochen.

Im Säuglingsalter ist der Körper darauf eingestellt, nur von Muttermilch zu leben. Um sie zu verarbeiten, produzieren Säuglinge das Enzym Laktase. Es spaltet den Milchzucker im Dünndarm so auf, dass der Körper ihn weiterverwenden kann.

Diese Grafik zeigt links die Anatomie des Verdauungssystems und rechts, wie das Enzym Laktase den Milchzucker im Dünndarm spaltet.

Milchzucker-Verdauung

Wenn ein Kind von der Milch entwöhnt wird, stellt sich das Verdauungssystem allmählich auf die Verarbeitung anderer Nahrungsmittel um. Der Körper produziert danach weniger Laktase. Bei manchen Menschen reicht die Laktasemenge dann nicht mehr aus, um den über Lebensmittel aufgenommenen Milchzucker zu spalten. Sie vertragen milchzuckerhaltige Produkte deshalb schlechter als andere.

Nimmt ein erwachsener Mensch mehr Milchzucker auf, als die Laktase spalten kann, bleibt im Dünndarm Milchzucker übrig. Er gelangt in den Dickdarm, wo er von Darmbakterien zersetzt wird (sogenannte Vergärung). Dabei entstehen vermehrt Gase wie Kohlenstoffdioxid (CO2) und Wasserstoff sowie andere Abbauprodukte wie Flüssigkeit und Fettsäuren im Darm, die zu den typischen Beschwerden führen.

Die Grafik zeigt links die Anatomie des Verdauungssystems und rechts, wie Milchzucker im Dickdarm zersetzt wird und Beschwerden entstehen.

Verdauung bei Laktoseintoleranz

Eine Laktoseintoleranz kann auch durch eine andere Erkrankung entstehen. Fachleute nennen dies erworbene oder sekundäre Laktoseintoleranz. Ursachen können zum Beispiel chronische Entzündungen wie bei Morbus Crohn oder Verletzungen der Darmschleimhaut sein. Dann bildet der Dünndarm nicht mehr ausreichend Laktase, weil die Darmschleimhaut geschädigt ist.

Häufigkeit

Eine Laktoseintoleranz ist bei Kindern unter fünf Jahren sehr selten. Meist entwickelt sie sich im Jugend- und Erwachsenenalter.

Weltweit ist die Laktoseintoleranz sehr verbreitet, wobei es je nach Region und Bevölkerung deutliche Unterschiede gibt. Etwa 5 bis 15 % der Menschen aus Europa vertragen keinen Milchzucker. Am seltensten ist die Laktoseintoleranz in Nordeuropa. In Afrika oder Ostasien sind dagegen 65 bis über 90 % der Erwachsenen betroffen.

Diese regionalen Unterschiede haben vermutlich mit einer langen Tradition der Milchwirtschaft zu tun: In vielen europäischen Ländern werden seit jeher sehr viele Milchprodukte verzehrt. Menschen, die diese gut vertrugen, hatten einen Überlebensvorteil.

Diagnose

Wer den Eindruck hat, Milchzucker schlecht zu vertragen, wendet sich am besten zunächst an die Hausärztin oder den Hausarzt. Meist überweist sie oder er dann an eine gastroenterologische Praxis, um dort einen Test zu machen. Folgende Tests kommen infrage:

  • Atemtest: Nach Trinken einer Milchzuckerlösung wird der Wasserstoffgehalt in der Atemluft mehrmals gemessen. Dieser ist bei einer Milchzucker-Unverträglichkeit meist erhöht.
  • Laktose-Toleranz-Test: Der Blutzuckerspiegel wird vor und mehrmals nach dem Trinken einer Milchzuckerlösung gemessen. So zeigt sich, ob der Körper Milchzucker spalten und aufnehmen kann.
  • Diät- oder Auslassungstest: Dabei verzichtet man für eine gewisse Zeit auf milchzuckerhaltige Produkte und nimmt danach eine bestimmte Menge Milchzucker zu sich. Anschließend wird die körperliche Reaktion beobachtet.

Für die Diagnose reichen die Messwerte beim Atemtest und dem Laktose-Toleranz-Test allein aber nicht aus: Nur wenn während der Tests typische Beschwerden auftreten, lässt sich sicher feststellen, ob eine Laktoseintoleranz die Ursache ist.

Es ist nicht nötig, alle Tests zu machen. Das Standardverfahren in Deutschland ist der Atemtest.

Behandlung

Vor der Behandlung ist es wichtig, zu klären, ob die Laktoseintoleranz vererbt oder erworben ist. Denn bei einer erworbenen Laktoseintoleranz verursacht eine andere Erkrankung die Beschwerden. Wenn diese Erkrankung behandelt wird und die Darmschleimhaut sich erholt, verschwinden auch die Beschwerden wieder.

Wer eine vererbte Laktoseintoleranz hat, kann meist mit einer angepassten Ernährung beschwerdefrei leben. Bisherige Forschungsergebnisse zeigen: Laktose nur in begrenzter Menge und Milch nur gleichzeitig mit anderen Lebensmitteln zu sich zu nehmen, ist der beste bekannte Weg, um Beschwerden zu verringern. Eine Behandlung, mit der eine Laktoseintoleranz geheilt werden kann, gibt es nicht.

Um Beschwerden vorzubeugen, nehmen manche Menschen Präparate mit künstlich hergestellter Laktase ein (Laktase-Tabletten oder -Kapseln). Sie sollen dem Darm helfen, die Laktose aufzuspalten, und dadurch auch größere Mengen Milchzucker verträglich machen. Bisher ist aber nicht durch aussagekräftige Studien nachgewiesen, dass sie die typischen Beschwerden lindern können. Unklar ist auch, ob prä- oder probiotische Mittel wirken.

Leben und Alltag

Milchprodukte sind nicht unbedingt notwendig, um sich ausgewogen zu ernähren. Wichtig ist aber, ausreichend Kalzium zu sich zu nehmen. Denn der Mineralstoff sorgt unter anderem für die Stabilität der Knochen, Zähne und Nägel. Viel Kalzium enthalten zum Beispiel grüne Gemüsesorten wie Spinat und Grünkohl oder kalziumhaltige Mineralwässer. Auch gereifte Käsesorten wie Parmesan und alter Gouda enthalten kaum Milchzucker und sind gute Kalziumlieferanten. Viele Menschen mit Laktoseintoleranz vertragen sie gut.

Es ist meist nicht nötig, ganz auf milchzuckerhaltige Lebensmittel zu verzichten. Folgende Mengen sind normalweise gut verträglich – vor allem, wenn sie zusammen mit einer Mahlzeit oder anderen Lebensmitteln verzehrt werden:

  • bis zu 12 Gramm Laktose auf einmal (zum Beispiel 250 Milliliter Milch)
  • bis zu 24 Gramm Laktose über den Tag verteilt (zum Beispiel 500 Milliliter Milch)

Weitere Informationen

Die Hausarztpraxis ist meist die erste Anlaufstelle, wenn man krank ist oder bei einem Gesundheitsproblem ärztlichen Rat braucht. Informationen zur Gesundheitsversorgung in Deutschland helfen dabei, sich im Gesundheitssystem zurechtzufinden und eine passende Arztpraxis zu finden. Mit einer Frageliste kann man sich auf den Arztbesuch vorbereiten.

Quellen

Halpert A, Drossman DA. Irritable bowel syndrome. In: McDonald J, Burroughs AK, Feagan BG (Ed). Evidence-based Gastroenterology and Child Health. Oxford: Blackwell Publishing; 2004. S. 265-283.

Ledochowski M, Bair H, Fuchs D. Laktoseintoleranz. Ernährungsmed 2003; 5(1): 7-14.

Marklund B, Ahlstedt S, Nordstrom G. Food hypersensitivity and quality of life. Curr Opin Allergy Clin Immunol 2007; 7(3): 279-287.

Marton A, Xue X, Szilagyi A. Meta-analysis: the diagnostic accuracy of lactose breath hydrogen or lactose tolerance tests for predicting the North European lactase polymorphism C/T-13910. Aliment Pharmacol Ther 2012; 35(4): 429-440.

Misselwitz B, Pohl D, Fruhauf H et al. Lactose malabsorption and intolerance: pathogenesis, diagnosis and treatment. United European Gastroenterol J 2013; 1(3): 151-159.

Sahi T. Genetics and epidemiology of adult-type hypolactasia with emphasis on the situation in Europe. Scand J Nutr Näringsforskning 2001; 45(1): 161-162.

Shaukat A, Levitt MD, Taylor BC et al. Systematic review: effective management strategies for lactose intolerance. Ann Intern Med 2010; 152(12): 797-803.

Wilt TJ, Shaukat A, Shamliyan T et al. Lactose intolerance and health. Evid Rep Technol Assess (Full Rep) 2010; (192): 1-410.

IQWiG-Gesundheitsinformationen sollen helfen, Vor- und Nachteile wichtiger Behandlungsmöglichkeiten und Angebote der Gesundheitsversorgung zu verstehen.

Ob eine der von uns beschriebenen Möglichkeiten im Einzelfall tatsächlich sinnvoll ist, kann im Gespräch mit einer Ärztin oder einem Arzt geklärt werden. Gesundheitsinformation.de kann das Gespräch mit Fachleuten unterstützen, aber nicht ersetzen. Wir bieten keine individuelle Beratung.

Unsere Informationen beruhen auf den Ergebnissen hochwertiger Studien. Sie sind von einem Team aus Medizin, Wissenschaft und Redaktion erstellt und von Expertinnen und Experten außerhalb des IQWiG begutachtet. Wie wir unsere Texte erarbeiten und aktuell halten, beschreiben wir ausführlich in unseren Methoden.

Aktualisiert am 06.11.2024

Nächste geplante Aktualisierung: 2027

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