Der Graue Star (die Katarakt) ist eine Augenerkrankung, bei der eine oder beide Augenlinsen trübe werden. Dadurch lässt das Sehvermögen nach, und vor allem feine Einzelheiten werden nicht mehr klar gesehen. Manche Menschen haben nur leichte Seheinschränkungen, bei anderen geht das Sehvermögen dagegen rasch verloren. Der Name „Grauer Star“ bezieht sich auf die Graufärbung der Linse und den „starren“ Blick, den Menschen mit fortgeschrittener Sehbehinderung oft haben.
Ein Grauer Star entwickelt sich meist erst bei Menschen über 50 Jahren. Das Risiko steigt mit dem Alter: Etwa 20 von 100 Menschen zwischen 65 und 74 Jahren haben einen Grauen Star. Bei den über 74-Jährigen sind es mehr als 50 von 100.
In Entwicklungsländern ist der Graue Star der Hauptgrund für Erblindungen. In den Industriestaaten erblinden wesentlich weniger Menschen durch einen Grauen Star, da wirksame Operationsverfahren zur Verfügung stehen. Bei der Operation wird die trübe Linse entfernt und durch eine künstliche Linse ersetzt.
Beim Grauen Star geht die Sehkraft meist schleichend verloren. Der Sehverlust ist das einzige Symptom: Es treten keine Schmerzen, kein Augenbrennen oder ähnliche Beschwerden auf. Betroffene sehen zunehmend verschwommen und unscharf – es ist, als würden sie durch einen Schleier oder Nebel schauen. Mit der Zeit verschwimmen die Kontraste und die Farben immer mehr.
Manche Menschen werden sehr empfindlich gegenüber Blendungen durch die Sonne oder Lampen. Das Autofahren wird anstrengender, besonders nachts. Wenn man schlechter sieht, steigt das Risiko, dass man stürzt und sich verletzt. Zudem ist das räumliche Sehen beeinträchtigt.
Ein Grauer Star kann auch unerwartete Folgen haben: So können manche Menschen, die eine Brille getragen haben, plötzlich ohne Brille besser sehen. Dies liegt daran, dass sich die Brechkraft des Auges verändert – und damit die Fähigkeit, Objekte in der Nähe oder Ferne scharf zu sehen. Das verbesserte Sehen hält jedoch nicht lange an.
Etwa 90 % aller Betroffenen haben den sogenannten Grauen Altersstar (die senile Katarakt). Bei ihnen wird die Augenlinse mit dem Alter langsam trüb. Dadurch wird das Bild mit der Zeit wie verschleiert und unschärfer.
In manchen Familien tritt ein Grauer Star früher auf als in anderen Familien. Nur sehr selten ist er angeboren. So kann ein Kind mit Katarakt auf die Welt kommen, wenn sich die Mutter während der ersten Wochen der Schwangerschaft mit Masern oder Röteln ansteckt.
Es gibt Hinweise, dass zum Beispiel UV-Licht aus der Sonne und Rauchen das Risiko erhöhen. Zudem sind Menschen mit Diabetes häufiger betroffen. In Entwicklungsländern sind Unterernährung und schlechte Lebensbedingungen häufige Ursachen für Grauen Star. Dort erkranken auch viele Menschen bereits in frühem Alter.
Ein Grauer Star kann außerdem durch Entzündungen oder Verletzungen des Auges entstehen. Auch Augenoperationen und die längere Anwendung bestimmter Medikamente (zum Beispiel Kortison) können zu einem Grauen Star führen.
Bei einem Grauen Star nimmt die Sehfähigkeit nach und nach ab. Zunächst wird man kurzsichtiger. Wie schon erwähnt, können zuvor weitsichtige Menschen dann für kurze Zeit ohne Brille besser sehen. Allmählich wird das Sehen immer trüber und verschwommener. Wird der Graue Star nicht behandelt, kann eine Erblindung die Folge sein, muss es aber nicht. Meistens sind beide Augen betroffen. Die Erkrankung kann auf einem Auge jedoch schneller voranschreiten als auf dem anderen.
Die Krankheit verläuft unterschiedlich. Manche Menschen verlieren relativ schnell an Sehkraft, andere haben kaum Seheinschränkungen. Welche Beschwerden auftreten und wie sie sich entwickeln, hängt unter anderem davon ab, an welcher Stelle sich die Linse eintrübt. Man unterscheidet folgende Formen:
Es kann viele Gründe geben, warum Menschen mit dem Alter schlechter sehen. Vor der Diagnose eines Grauen Stars werden deshalb zuerst andere mögliche Ursachen ausgeschlossen. Dazu erfragt die Augenärztin oder der Augenarzt zunächst die Symptome und die Krankheitsgeschichte. Verschiedene Augentests und -untersuchungen zeigen, wie stark das Sehvermögen beeinträchtigt ist und was die Ursache sein könnte.
Die Augenlinse wird mit einer „Spaltlampe“ untersucht. Dabei blickt die Ärztin oder der Arzt durch ein Mikroskop in das Auge, das mit einem schmalen Lichtstreifen ausgeleuchtet wird. Dadurch können die Linse und andere Teile des Auges wie Glaskörper und Netzhaut beurteilt werden. Die Untersuchung ist schmerzfrei.
Zur Untersuchung der hinteren Augenbereiche wird in der Regel ein Medikament zur Erweiterung der Pupille eingesetzt. Da die Pupille einige Stunden erweitert bleibt, sieht man solange unscharf und wird leichter geblendet. Deshalb darf man nach der Untersuchung für etwa 4 bis zu 5 Stunden kein Auto fahren. Bei manchen hält die Wirkung noch länger an. Im Zweifelsfall ist es dann besser, das Auto noch stehen zu lassen.
Es gibt keine wissenschaftlichen Studien, die belegen, dass bestimmte vorbeugende Maßnahmen das Risiko für einen Grauen Star senken.
Man vermutet, dass Rauchen das Risiko erhöht und ein Rauchverzicht es entsprechend senken könnte. Nicht zu rauchen, hat ohnehin viele gesundheitliche Vorteile.
Menschen, die viel in der Sonne sind, können auf einen guten Schutz der Augen vor UV-Licht achten, zum Beispiel mit einer Sonnenbrille mit UV-Filter.
Bestimmte kortisonhaltige Medikamente können auf Dauer eine Katarakt begünstigen. Vielleicht ist ein Umstieg auf ein anderes Medikament möglich.
Nahrungsergänzungsmittel werden zwar häufig damit beworben, dass sie Augenkrankheiten vorbeugen sollen. Studien zeigen jedoch, dass sie beim Grauen Star unwirksam sind.
Manche Menschen können den Sehverlust vorübergehend oder sogar längerfristig mit einer Brille oder Kontaktlinsen ausgleichen. Es gibt keine Medikamente, um einen Grauen Star zu behandeln.
Die einzige wirksame Behandlungsmöglichkeit ist eine Operation. Dabei wird die trübe Linse entfernt und durch eine neue, künstliche Linse ersetzt. Bei der Operation bleibt die Linsenkapsel, die die Linse umschließt, im Auge. Der Kern und die Rinde der Linse werden per Ultraschall zerkleinert und dann durch einen kleinen Schnitt abgesaugt. In die Kapsel wird dann eine Linse aus Kunststoff eingesetzt. Dieses Verfahren wird Phakoemulsifikation genannt und ist in Deutschland das Standardverfahren. Manchmal wird auch ein Laser-Eingriff angeboten. Die Operation dauert etwa 20 bis 30 Minuten. Meist wird ambulant operiert. Einige Stunden nach dem Eingriff kann man sich wieder nach Hause abholen lassen.
Ob und wann eine Operation sinnvoll ist, hängt davon ab, wie stark der Sehverlust das Leben beeinträchtigt. Außerdem spielt eine Rolle, ob weitere (Augen-)Erkrankungen bestehen, die das Ergebnis der Operation beeinflussen könnten.
Die Hausarztpraxis ist meist die erste Anlaufstelle, wenn man krank ist oder bei einem Gesundheitsproblem ärztlichen Rat braucht. In unserem Thema „Gesundheitsversorgung in Deutschland“ informieren wir darüber, wie man die richtige Praxis findet – und mithilfe unserer Frageliste möchten wir dabei helfen, sich auf den Arztbesuch vorzubereiten.
Allen D. Cataract. BMJ Clin Evid 2011: pii: 0708.
Allen D, Vasavada A. Cataract and surgery for cataract. BMJ 2006; 333(7559): 128-132.
Asbell PA, Dualan I, Mindel J et al. Age-related cataract. Lancet 2005; 365(9459): 599-609.
Jacobs S. Cataract in adults. UpToDate 2019.
Mathew MC, Ervin AM, Tao J et al. Antioxidant vitamin supplementation for preventing and slowing the progression of age-related cataract. Cochrane Database Syst Rev 2012; (6): CD004567.
Olson RJ, Braga-Mele R, Chen SH et al. Cataract in the Adult Eye Preferred Practice Pattern®. Ophthalmology 2017; 124(2): P1-P119.
IQWiG-Gesundheitsinformationen sollen helfen, Vor- und Nachteile wichtiger Behandlungsmöglichkeiten und Angebote der Gesundheitsversorgung zu verstehen.
Ob eine der von uns beschriebenen Möglichkeiten im Einzelfall tatsächlich sinnvoll ist, kann im Gespräch mit einer Ärztin oder einem Arzt geklärt werden. Gesundheitsinformation.de kann das Gespräch mit Fachleuten unterstützen, aber nicht ersetzen. Wir bieten keine individuelle Beratung.
Unsere Informationen beruhen auf den Ergebnissen hochwertiger Studien. Sie sind von einem Team aus Medizin, Wissenschaft und Redaktion erstellt und von Expertinnen und Experten außerhalb des IQWiG begutachtet. Wie wir unsere Texte erarbeiten und aktuell halten, beschreiben wir ausführlich in unseren Methoden.
Aktualisiert am 02.11.2022
Nächste geplante Aktualisierung: 2025
Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)