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Chronische Nierenkrankheit (Niereninsuffizienz)

Autoren/Herausgeber: Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)

Einleitung

„Das geht mir an die Nieren“ ist eine bekannte Redewendung – sie meint: Etwas macht mir schwer zu schaffen und raubt mir Kraft. Tatsächlich sind die Nieren lebenswichtige Organe. Sie reinigen das Blut von Abbauprodukten des Stoffwechsels oder von Giftstoffen, die mit der Nahrung aufgenommen wurden. Außerdem beeinflussen sie unter anderem den Blutdruck, den Knochenstoffwechsel und die Blutbildung. Sind die Nieren geschwächt, sammeln sich die Abfallstoffe im Körper an, was auf Dauer viele unterschiedliche Beschwerden auslösen kann.

Fachleute sprechen von einer chronischen Nierenkrankheit, Nierenerkrankung oder Niereninsuffizienz, wenn die Nieren länger als drei Monate nur noch eingeschränkt arbeiten oder geschädigt sind. Beides lässt sich durch Blut- und Urinuntersuchungen feststellen. Zunächst wird mit Medikamenten behandelt, um eine weitere Schwächung der Nieren zu stoppen oder hinauszuzögern und Folgeerkrankungen zu verhindern.

Bei manchen Menschen versagen die Nieren irgendwann nahezu vollständig. Dann kann eine Transplantation einer Spenderniere ein möglichst langes und uneingeschränktes Leben ermöglichen. Eine Transplantation ist aber oft nicht sofort möglich, manche entscheiden sich auch dagegen. Das Blut kann dann mittels einer Dialyse (Peritonealdialyse oder Hämodialyse) gereinigt werden.

Auf einen Blick

  • Die Nieren reinigen das Blut und sind an vielen Körperfunktionen beteiligt.
  • Bei einer chronischen Nierenkrankheit (Niereninsuffizienz) werden sie mit der Zeit immer schwächer.
  • Das bleibt oft lange unbemerkt. Später kann es unter anderem zu Wassereinlagerungen, Schwäche und Herzproblemen kommen.
  • Eine gesunde Lebensweise und Medikamente helfen, solche Folgen zu vermeiden oder hinauszuzögern.
  • Arbeiten die Nieren gar nicht mehr, wird eine Nierentransplantation oder eine Nierenersatztherapie per Bauchfell- oder Hämodialyse nötig.

Symptome

Eine chronische Nierenerkrankung fällt oft erst auf, wenn sie bereits fortgeschritten ist. Der Körper scheidet dann zu wenig Wasser aus und Abfallstoffe aus dem Stoffwechsel sammeln sich langsam an, was Beschwerden verursacht. Die Symptome können fast den ganzen Körper betreffen, zum Beispiel:

  • Schwellungen (Ödeme), zum Beispiel an den Beinen oder im Gesicht
  • Übelkeit, Erbrechen, Durchfall
  • Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust
  • Blässe und Juckreiz
  • Müdigkeit, Antriebslosigkeit, Schwäche
  • Atemnot
  • Konzentrationsstörungen, Verwirrtheit, Bewusstseinsstörungen bis hin zur Bewusstlosigkeit
  • Lähmungserscheinungen, Muskelkrämpfe

Grafik: Mögliche Symptome einer chronischen Nierenkrankheit

Mögliche Symptome einer chronischen Nierenkrankheit

Ursachen

Die häufigsten Ursachen für eine chronische Nierenkrankheit sind Diabetes mellitus und Bluthochdruck.

Die Nieren können aber auch dauerhaft geschädigt werden, wenn

  • sich das Nierengewebe entzündet hat,
  • bestimmte Medikamente, vor allem Schmerzmittel, über einen längeren Zeitraum eingenommen werden,
  • Nierensteine, Tumoren oder Vernarbungen den Harnabfluss stören oder
  • angeborene Nierenerkrankungen (zum Beispiel Zystennieren) bestehen.

Häufigkeit

In Deutschland haben etwa neun Millionen Menschen eine chronische Nierenkrankheit. Die meisten Betroffenen sind älter als 60 Jahre.

Fachleute gehen davon aus, dass zurzeit bei etwa 100.000 Menschen die Nierenkrankheit so weit fortgeschritten ist, dass sie auf eine Dialyse angewiesen sind – und dass diese Zahl in den nächsten Jahren steigen wird. Jährlich werden außerdem rund 2000 Spendernieren transplantiert.

Pro Jahr sterben in Deutschland fast 27.000 Menschen an den Folgen einer chronischen Nierenkrankheit.

Verlauf

Zu Beginn der Erkrankung können die Nieren trotz eingeschränkter Funktion das Blut noch ausreichend reinigen. Deshalb verläuft die Krankheit in frühen Stadien meist beschwerdefrei. Dieser Zustand kann über Jahre anhalten, und selten erholen sich die Nieren sogar wieder. Oft verschlechtert sich die Nierenfunktion aber mit der Zeit immer weiter und entwickelt sich zu einer ausgeprägten Nierenschwäche (Niereninsuffizienz).

Bei einigen Menschen arbeiten die Nieren irgendwann gar nicht mehr. Ein Nierenversagen ist lebensbedrohlich, weil zum Beispiel Wassereinlagerungen in der Lunge die Atmung behindern können.

Folgen

Die Nieren sind an vielen Abläufen im Körper beteiligt. Sind sie erkrankt, kann es deshalb zu verschiedenen Problemen kommen:

Menschen mit chronischer Nierenschwäche haben ein stark erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Schlaganfall oder Herzinfarkt. Wenn zugleich der Blutdruck erhöht ist, ist das Risiko dafür besonders hoch. Ein Bluthochdruck ist oft die Ursache für die Nierenkrankheit – er kann aber auch eine Folge sein.

Die Nieren sind nicht nur für die Blutreinigung zuständig, sondern spielen auch bei der Bildung neuer Blutzellen eine wichtige Rolle. Eine Schädigung der Nieren kann deshalb zu Blutarmut (Anämie) führen.

Außerdem steuern die Nieren den Knochenstoffwechsel. Arbeiten die Nieren dauerhaft nicht mehr gut, sind daher Knochenschäden möglich.

Wenn die Nieren ganz versagen, sammeln sich so viele Abbauprodukte des Stoffwechsels im Körper an, dass es zu einer „Vergiftung von innen“ kommt. Fachleute nennen das Urämie. Sie bewirkt unter anderem Hautveränderungen, Juckreiz, Schwäche, Gewichtsverlust und Depressionen. Zudem gerät der Wasser- und Elektrolythaushalt aus dem Gleichgewicht und der Körper kann übersäuern. Es kann zu Benommenheit bis hin zu Bewusstlosigkeit kommen. Lebensbedrohliche Folgen einer Urämie können auch ein Lungenödem und Herzprobleme sein.

Diagnose

Aufgrund von Beschwerden oder als Ergebnis von Kontrolluntersuchungen – beispielsweise bei Diabetes – kann der Verdacht bestehen, dass die Nieren nicht normal arbeiten. Um eine chronische Nierenkrankheit festzustellen, sind neben einem ausführlichen Gespräch mit der Ärztin oder dem Arzt folgende Untersuchungen nötig:

  • eine körperliche Untersuchung einschließlich Blutdruckmessung
  • Blutuntersuchungen
  • Urinuntersuchungen
  • eine Ultraschalluntersuchung des Bauchraums und der Nieren

Die Untersuchungen dienen auch dazu, das genaue Stadium der Erkrankung zu bestimmen – und später zu kontrollieren, ob sich die Nierenfunktion weiter verschlechtert hat oder bereits Folgeerkrankungen aufgetreten sind.

Es werden auch Untersuchungen gemacht, um die Ursache einer Nierenkrankheit herauszufinden: Anhand von Blutwerten lässt sich feststellen, ob zum Beispiel ein Diabetes mellitus besteht. Auch weitere Untersuchungen wie die Analyse einer Gewebeprobe der Nieren (Biopsie) kommen infrage.

Früherkennung

Besonders Menschen mit Diabetes mellitus oder Bluthochdruck haben ein erhöhtes Risiko für eine chronische Nierenkrankheit. Für sie ist es sinnvoll, die Nieren regelmäßig in der Hausarztpraxis kontrollieren zu lassen. So lässt sich eine Nierenschwäche frühzeitig feststellen. Denn je früher sie erkannt wird, desto besser lässt sich einem weiteren Fortschreiten der Erkrankung entgegenwirken.

Auch gesunde Erwachsene, die gesetzlich krankenversichert sind, können bis zum 35. Lebensjahr einmalig, danach alle drei Jahre, eine kostenlose Früherkennungsuntersuchung einschließlich Blut- und Urintests in Anspruch nehmen (Gesundheits-Check-up oder Check-Up-35 genannt). Der Gesundheits-Check-up soll unter anderem Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes frühzeitig feststellen. Auch eine bislang unerkannte chronische Nierenkrankheit kann entdeckt werden, wenn sie zu erhöhter Eiweißausscheidung im Urin führt.

Vorbeugung

Sich ausreichend zu bewegen, gesund zu ernähren, auf das Rauchen zu verzichten und Übergewicht möglichst zu vermeiden, senkt das Risiko für Bluthochdruck und Diabetes mellitus – und damit auch einer chronischen Nierenkrankheit und anderen Folgen.

Bei bereits bestehendem Diabetes oder Bluthochdruck sind oft zusätzlich Medikamente nötig. Damit werden Blutzucker und Blutdruck gut eingestellt, um möglichen Folgen wie einer chronischen Nierenkrankheit vorzubeugen.

Behandlung

Arbeiten die Nieren noch weitgehend normal, soll die Behandlung das Fortschreiten der Erkrankung bremsen und vor Komplikationen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen schützen. Dazu werden vor allem Medikamente eingesetzt, die den Blutdruck senken, und sogenannte SGLT-2-Hemmer. Auch Cholesterinsenker können sinnvoll sein. Bei Diabetes mellitus ist es wichtig, den Blutzucker gut zu kontrollieren.

Wenn die Nierenkrankheit bereits zu einer Blutarmut (Anämie) oder zu Störungen des Knochenstoffwechsels geführt hat, kommen weitere Medikamente hinzu – etwa eisenhaltige Medikamente, Mittel, die die Blutbildung anregen, oder sogenannte Phosphatbinder. Auch harntreibende Mittel können nötig sein. Bei einer Übersäuerung wird Bikarbonat eingesetzt. Außerdem sind eine an das Stadium der Nierenkrankheit angepasste Ernährung, die richtige Trinkmenge, regelmäßige Bewegung und der Verzicht auf Nikotin wichtige Bausteine.

Wenn die Nieren fast vollständig versagen, ist eine Nierenersatztherapie nötig:

  • Nierentransplantation: Um ein möglichst langes und uneingeschränktes Leben zu ermöglichen, wird eine gesunde Spenderniere eingesetzt. Dafür kann eine Niere einer kürzlich verstorbenen Person verwendet werden. Es ist aber auch eine Lebendspende möglich: Dabei gibt zum Beispiel ein Familienmitglied eine seiner beiden Nieren ab und lebt mit nur einer Niere weiter, die dann die Nierenfunktion voll übernimmt – genau wie die gespendete Niere beim Empfänger oder der Empfängerin. Voraussetzung für eine Transplantation ist aber, dass ein passender Spender oder eine Spenderin gefunden wird. Das kann lange dauern, bei einer Lebendspende aber schneller gelingen.
  • Dialyse: Auch eine Dialyse ermöglicht es, über viele Jahre mit einer fortgeschrittenen Nierenkrankheit zu leben. Das Blut wird täglich oder mehrmals pro Woche gereinigt. Es gibt zwei verschiedene Verfahren: die Peritonealdialyse, auch Bauchfelldialyse genannt, und die Hämodialyse.

Zusätzlich sind oft eine Beratung zu gesunder Lebensführung, psychosoziale Betreuung oder psychotherapeutische Unterstützung hilfreich.

Nur sehr selten ist weder eine Dialyse noch eine Nierentransplantation möglich. Manche Menschen entscheiden sich auch bewusst gegen beides und nehmen in Kauf, dass sie bald sterben. Sie können die Therapie mit Medikamenten fortsetzen und damit unter Umständen mehrere Wochen bis Monate weiterleben. Am Lebensende kann eine palliative Behandlung Schmerzen und andere Beschwerden lindern und so viel Lebensqualität wie möglich erhalten.

Entscheiden

Die beiden Dialyseverfahren Peritonealdialyse oder Hämodialyse ermöglichen es, über viele Jahre mit der Erkrankung zu leben. Fachleute bewerten sie als gleich wirksam. Wie gut und wie lange man damit leben kann, hängt eher davon ab,

  • ob und welche Begleiterkrankungen man hat,
  • ob die Dialysetherapie gut vorbereitet war und
  • wie es gelingt, dauerhaft mit der Behandlung, nötigen Medikamenten und Diätregeln zurechtzukommen.

Daher ist es wichtig, das Dialyseverfahren zu finden, das am besten zur eigenen Situation passt. Das fällt leichter, wenn man gut über beide Verfahren informiert ist. Eine Entscheidungshilfe, die Vor- und Nachteile gegenüberstellt, kann bei der Abwägung unterstützen. Man kann sie zum Beispiel gemeinsam mit der Ärztin oder dem Arzt durchgehen und offene Fragen besprechen.

Leben und Alltag

Eine chronische Nierenkrankheit verändert den Alltag. Betroffene sollen zum Beispiel ihre Ernährung und ihr Trinkverhalten an ihre Erkrankung anpassen. Sie und ihre Angehörigen können deshalb im Rahmen der Behandlung auch eine passende Ernährungsberatung in Anspruch nehmen.

Besonders bei einer Dialyse ist es in der Regel wichtig, nicht zu viel zu trinken. Sobald die Nieren nicht mehr genügend Wasser ausscheiden, kann es sonst zu Wassereinlagerungen kommen. Gegen das Durstgefühl können zum Beispiel ein saures Bonbon, ein Zitronenstückchen oder zuckerfreies Kaugummi helfen.

Menschen mit chronischer Nierenkrankheit müssen oft dauerhaft mehrere Arzneimittel einnehmen. Ein Medikamentenplan, der übersichtlich auflistet, was man wann nehmen muss, kann dabei helfen. Die geschwächten Nieren machen es auch nötig, auf einige Medikamente zu verzichten: Statt zum Beispiel bei Schmerzen zu NSAR wie Ibuprofen zu greifen, muss man mit seiner Ärztin oder seinem Arzt über Alternativen sprechen und sich möglicherweise an neue Behandlungen gewöhnen.

Besonders eine Dialyse bedeutet eine große Umstellung im Alltag. Denn sie benötigt viel Zeit, was sich auf das Berufs- und Privatleben auswirkt. Das Gefühl, lebenslang von einer Therapie abhängig zu sein, kann belasten und auch zu einer Depression führen. Vielen hilft dann der Austausch mit anderen erkrankten Menschen – zum Beispiel in einer Selbsthilfegruppe. Bei stärkeren oder länger andauernden psychischen Belastungen kann man sich zudem an eine psychotherapeutische Praxis wenden.

Weitere Informationen

Die Hausarztpraxis ist meist die erste Anlaufstelle, wenn man krank ist oder bei einem Gesundheitsproblem ärztlichen Rat braucht. Informationen zur Gesundheitsversorgung in Deutschland helfen dabei, sich im Gesundheitssystem zurechtzufinden und eine passende Arztpraxis zu finden. Mit dieser Frageliste kann man sich auf den Arztbesuch vorbereiten.

Für Nierenkrankheiten sind Nephrologinnen und Nephrologen zuständig. Auf der Website des Bundesverbands Niere e. V. sind neben vielen Informationen, Veranstaltungshinweisen und Aktionen rund um das Thema Nierenkrankheit auch die Kontaktdaten und Adressen von Selbsthilfegruppen im gesamten Bundesgebiet gelistet.

Auf der Webseite „Nieren Navi“ hat die Deutsche Gesellschaft für Nephrologie Informationen zu den Nierenersatzverfahren zusammengestellt.

Ausführliche Informationen zur Nierentransplantation hat die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) auf der Website www.organspende-info.de zusammengestellt.

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IQWiG-Gesundheitsinformationen sollen helfen, Vor- und Nachteile wichtiger Behandlungsmöglichkeiten und Angebote der Gesundheitsversorgung zu verstehen.

Ob eine der von uns beschriebenen Möglichkeiten im Einzelfall tatsächlich sinnvoll ist, kann im Gespräch mit einer Ärztin oder einem Arzt geklärt werden. Gesundheitsinformation.de kann das Gespräch mit Fachleuten unterstützen, aber nicht ersetzen. Wir bieten keine individuelle Beratung.

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Aktualisiert am 14.08.2024

Nächste geplante Aktualisierung: 2027

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