Die Hauptschlagader (Aorta) ist das kräftigste Blutgefäß des Menschen. Durch sie wird das sauerstoffreiche Blut aus dem Herzen in den Körper transportiert. Sie beginnt an der linken Herzkammer und verläuft durch Brustkorb und Bauch, bis sie sich auf Höhe des vierten Lendenwirbelkörpers in die rechte und linke Beckenschlagader aufteilt. Im Laufe des Lebens kann sich die Hauptschlagader dehnen und eine Ausbuchtung bilden, insbesondere im Bauchraum. Ist die Ausbuchtung einmal da, geht sie nicht mehr zurück.
Dehnt sich die Hauptschlagader im Bauchraum an einer Stelle um mindestens die Hälfte ihres normalen Durchmessers, spricht man von einem Aneurysma der Bauchschlagader (Bauchaorten-Aneurysma). Es verursacht meist keine Beschwerden und bleibt dann unbemerkt. Ein Bauchaorten-Aneurysma fällt womöglich erst durch Zufall bei anderen Untersuchungen auf, etwa bei einem Ultraschall oder anderen bildgebenden Verfahren. Es kann auch auffallen, wenn bei einer Früherkennungsmaßnahme gezielt danach gesucht wird.
Die meisten Aneurysmen der Bauchschlagader bereiten ein Leben lang keine Probleme. Mit zunehmender Größe erhöht sich jedoch die Gefahr, dass die Bauchschlagader plötzlich reißt. Dies ist lebensbedrohlich und muss sofort im Krankenhaus operiert werden.
Aneurysmen der Bauchschlagader verursachen meist keine Beschwerden. Ein großes Aneurysma kann sich jedoch durch Schmerzen im Rücken, im Bauch oder in der Seite bemerkbar machen.
Wenn die Bauchschlagader reißt, tritt ein plötzlicher und sehr starker Schmerz im Rücken auf, der in die Seite oder in die Leiste ausstrahlt. Er kann begleitet sein von Übelkeit und Erbrechen, starkem Schwitzen oder Kurzatmigkeit. Durch den Riss fließt viel Blut in den Bauch und der Blutdruck fällt ab. Das Gehirn und andere Organe erhalten dann nicht mehr genug Sauerstoff. Das führt zu Schwindel, Bewusstlosigkeit und schließlich zu einem Kreislaufversagen.
Ein Aneurysma der Bauchschlagader kann entstehen, wenn die Spannkraft der Gefäßwand nachlässt. Das geschieht zum Beispiel durch Rauchen oder weil das Gefäß stark beansprucht wird, etwa aufgrund von Bluthochdruck. Auch der normale Alterungsprozess trägt dazu bei. Selten können auch Entzündungsprozesse zu einem Aneurysma führen.
Hat sich an einer Stelle der Gefäßwand erst einmal eine Ausbuchtung gebildet, neigt diese Stelle dazu, sich weiter zu dehnen. So vergrößert sich das Aneurysma.
Bauchschlagader und Ausbuchtung der Gefäßwand (Aneurysma)
Es gibt verschiedene Faktoren, die das Risiko für ein Aneurysma der Bauchschlagader erhöhen:
Etwa 2 % aller Männer zwischen 65 und 75 Jahren haben ein Aneurysma der Bauchschlagader. Die Häufigkeit nimmt mit dem Alter zu.
Frauen entwickeln deutlich seltener ein Aneurysma der Bauchschlagader. Schätzungsweise sind weniger als 1 % der Frauen ab 60 Jahre betroffen.
Wenn sich ein Aneurysma ausdehnt, dann meist nur langsam. Die meisten Aneurysmen machen nie Probleme.
Nur ein Teil aller Aneurysmen wird so groß, dass ein höheres Risiko für einen plötzlichen Riss besteht. Bei einem Riss der Bauchschlagader (Bauchaorten-Ruptur) tritt viel Blut in den Bauchraum aus – das ist ein Notfall und lebensbedrohlich. Viele Betroffene sterben daran.
Das Risiko für einen Riss ist bei Männern höher, wenn das Aneurysma einen Durchmesser von mindestens 5,5 Zentimetern (cm) hat. Dabei erhöht sich das Risiko mit der Größe. Nach groben Schätzungen reißt ein Aneurysma der Bauchschlagader mit einer Größe zwischen 5,5 und 7 cm bei etwa 1 bis 5 von 100 Männern innerhalb eines Jahres. Ab 7 cm Durchmesser ist das Risiko für einen Riss um ein Vielfaches höher.
Bei Frauen hat die Bauchschlagader gewöhnlich einen etwas kleineren Durchmesser als bei Männern. Fachleute gehen davon aus, dass bei Frauen bereits ab einer Größe von etwa 5 cm das Risiko für einen Riss deutlich steigt. Bei einer Größe von 5 bis 5,4 cm reißt ein Aneurysma bei bis zu 3 von 100 Frauen innerhalb eines Jahres.
Für Männer und Frauen gilt: Wie gefährlich ein Aneurysma ist, hängt neben der Größe auch von seiner Form ab und davon, wie schnell es an Größe zunimmt.
Die meisten Aneurysmen werden zufällig entdeckt, während man wegen einer anderen Erkrankung untersucht wird.
Falls ein Aneurysma zu Beschwerden führt, wird es meist auf der Suche nach der Ursache entdeckt. Hierbei fragt die Ärztin oder der Arzt nach den genauen Symptomen und untersucht den Körper nach weiteren Hinweisen auf Erkrankungen.
Aneurysmen der Bauchschlagader lassen sich durch eine Ultraschalluntersuchung des Bauches erkennen. Dabei wird der Durchmesser der Bauchschlagader bestimmt. Ab einer Ausbuchtung von 3 cm spricht man gewöhnlich von einem Aneurysma. Weil die Bauchschlagader bei Frauen schmaler ist, wird die Diagnose bei ihnen manchmal bereits bei einem etwas geringeren Durchmesser gestellt.
Für Männer ab 65 Jahre bieten die gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland eine Früherkennungs-Untersuchung der Bauchaorta an. Durch eine Ultraschalluntersuchung können große Aneurysmen früh erkannt werden. Sie können dann behandelt werden, bevor sie reißen. Werden kleinere Ausbuchtungen gefunden, kann regelmäßig kontrolliert werden, ob und wie schnell sie sich ausdehnen.
Die Früherkennungs-Untersuchung verringert bei Männern ab 65 Jahren das Risiko, dass ein Aneurysma reißt und sie sterben. Die Früherkennung hat jedoch auch Nachteile: Dabei werden auch Aneurysmen entdeckt und vielleicht operiert, die nie gesundheitliche Probleme bereitet hätten. Solche Befunde nennt man Überdiagnosen. Außerdem kann der Eingriff selbst schwere Komplikationen verursachen. Das Wissen, ein Aneurysma zu haben, kann zudem sehr belastend sein.
Ärztinnen und Ärzte beraten zur Früherkennungs-Untersuchung der Bauchaorta. Sie können bei der Entscheidung dafür oder dagegen unterstützen.
Frauen wird in Deutschland keine Früherkennungs-Untersuchung der Bauchaorta angeboten. Der Grund: Frauen entwickeln deutlich seltener ein Aneurysma der Bauchschlagader. Außerdem gibt es nur eine gute Studie, die die Früherkennung bei Frauen untersucht hat. Für Frauen zeigte die Untersuchung keine Vorteile.
Ob eine Behandlung sinnvoll ist und welche infrage kommt, hängt vor allem ab von
Aber auch die Lage des Aneurysmas spielt eine Rolle.
Kleinere Aneurysmen der Bauchschlagader mit einem Durchmesser von weniger als 5,5 cm bei Männern und weniger als etwa 5 cm bei Frauen werden gewöhnlich regelmäßig beobachtet. Wer raucht, bekommt außerdem die Empfehlung, damit aufzuhören. Denn Rauchen gilt als entscheidender Risikofaktor, der ein Aneurysma schneller wachsen lässt. Bei Begleiterkrankungen wie Bluthochdruck oder erhöhten Cholesterinwerten wird dazu geraten, diese zu behandeln. Neben einer Ernährungsumstellung mit Gewichtsabnahme und mehr Bewegung gibt es dazu wirksame Medikamente.
Wenn ein hohes Risiko besteht, dass ein Aneurysma reißt, ist ein operativer Eingriff eine Möglichkeit der Vorbeugung. Es gibt zwei Verfahren, um ein großes Aneurysma zu operieren:
Beide Verfahren bringen Risiken wie Lungenkomplikationen, Herzschäden oder einen Schlaganfall mit sich.
Für gesetzlich krankenversicherte Männer gibt es ab 65 das Angebot, einmalig an einer kostenlosen Ultraschalluntersuchung der Bauchaorta teilzunehmen. Diese Früherkennung hat Vor- und Nachteile. Einerseits: Wenn ein Aneurysma rechtzeitig entdeckt wird, kann es operiert werden, bevor es lebensbedrohlich wird. Andererseits: Es werden Aneurysmen entdeckt, die nie gefährlich geworden wären. Die Diagnose kann dann selbst zur Belastung werden. Ob man die Früherkennung nutzen möchte, hängt daher davon ab, wie man selbst ihre Vor- und Nachteile bewertet.
Vor der Entscheidung für oder gegen die Früherkennung ist es sinnvoll, sich gut über die Vor- und Nachteile zu informieren. Diese Information unterstützt dabei.
Wenn ein großes Aneurysma entdeckt wird, stellt sich die Frage, ob ein operativer Eingriff infrage kommt: Auf der einen Seite stehen die Risiken des Eingriffs – auf der anderen Seite die Gefahr, dass das Aneurysma reißt. Auch ob eine offene Operation oder ein endovaskulärer Eingriff besser geeignet ist, ist nicht immer eindeutig: Neben dem Gesundheitszustand und weiteren Faktoren spielt auch eine Rolle, wie man selbst die Vor- und Nachteile der beiden Verfahren für sich bewertet. Die Entscheidung für oder gegen eine Behandlung ist eine individuelle Abwägung – sie fällt leichter, wenn man gut über alle Möglichkeiten informiert ist. Dabei kann eine Entscheidungshilfe unterstützen.
Auch eine zweite ärztliche Meinung kann die Entscheidung erleichtern. Ärztinnen und Ärzte, die die Operation eines Bauchaorten-Aneurysmas empfehlen, müssen auf das Recht auf eine kostenlose Zweitmeinung hinweisen.
Vor der Entscheidung für oder gegen einen operativen Eingriff ist es wichtig, sich gut über die Chancen und Risiken zu informieren. Diese Entscheidungshilfe unterstützt dabei.
Eine offene Operation an der Bauchschlagader ist ein großer Eingriff. Daher schließt sich an diese Behandlung häufig eine Rehabilitation an. Sie soll dabei helfen, sich von der Operation zu erholen, um wieder fit für den Alltag zu sein.
Die Diagnose „Aneurysma der Bauchschlagader“ kann unterschiedliche und auch widersprüchliche Gefühle auslösen. Manche Menschen sind froh, dass ihr Aneurysma erkannt wurde – ihnen geben regelmäßige Kontrolluntersuchungen ein Gefühl der Sicherheit.
Andere hätten im Nachhinein lieber nicht von dem Aneurysma erfahren. Denn dieses Wissen kann Angst auslösen und verunsichern: Viele Betroffene leben fortan in dem Bewusstsein, dass ihr Leben gefährdet ist. Beschwerden wie Bauchschmerzen können dann immer wieder beängstigend sein: Sie werden häufig mit dem Aneurysma in Verbindung gebracht, auch wenn kein Zusammenhang besteht. Außerdem schränken viele Menschen mit einem Bauchaorten-Aneurysma aus Sorge vor einem Riss ihren Alltag ein. Sie werden vorsichtiger und meiden körperliche Belastungen, obwohl dies vielleicht gar nicht nötig ist.
Die Hausarztpraxis ist meist die erste Anlaufstelle, wenn man krank ist oder bei einem Gesundheitsproblem ärztlichen Rat braucht. Informationen zur Gesundheitsversorgung in Deutschland helfen dabei, sich im Gesundheitssystem zurechtzufinden und eine passende Arztpraxis zu finden. Mit einer Frageliste kann man sich auf den Arztbesuch vorbereiten.
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IQWiG-Gesundheitsinformationen sollen helfen, Vor- und Nachteile wichtiger Behandlungsmöglichkeiten und Angebote der Gesundheitsversorgung zu verstehen.
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Aktualisiert am 15.01.2025
Nächste geplante Aktualisierung: 2028
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