Yoga ist mehr als Sonnengruß, Kobra oder Krieger. Auch die richtige Atmung ist ein Teil der Übungen. Denn unabhängig von Bewegungen können auch bestimmte Atemtechniken einiges bewirken.
Einatmen – ausatmen: Mehr als 20.000 Mal am Tag führt der Körper eines erwachsenen Menschen diesen lebenswichtigen Mechanismus automatisch aus. Er füllt die Lungen mit Sauerstoff und lässt die verbrauchte Luft als Kohlendioxid wieder herausströmen. Meist nehmen wir es nicht einmal wahr, dass das passiert, die Atmung fließt einfach. Lediglich wenn wir, zum Beispiel nach einer Anstrengung, außer Atem sind, wenn uns bei einem Schreck die Luft wegbleibt oder wir vor Aufregung atemlos sind, spüren wir diese Vorgänge bewusst. Und wer sich in diesen Momenten intensiv auf seine Atmung konzentriert, merkt schnell, dass er sie sogar steuern kann – und mit ihr auch andere Körperfunktionen. Den Herzschlag zum Beispiel: Durch langsames und tiefes Ein- und Ausatmen lässt er sich beruhigen.
Genau diese Fähigkeit, auch bewusst atmen zu können, macht sich das sogenannte Pranayama – das ist der Oberbegriff für die verschiedenen Atemübungen im Yoga – zunutze. Das Wort stammt aus dem Indischen und bedeutet übersetzt: Prana – Atem, ayam – kontrollieren oder auch regulieren. Es steht übergeordnet aber nicht nur dafür, den Atem bewusst regulieren zu können, sondern es soll Körper und Geist durch Atmung zusammenführen.
Es gibt dabei Übungen, die sich eher auf langes und tiefes Ausatmen konzentrieren – sie sollen den Parasympathikus aktivieren. Er ist ein Teil des vegetativen Nervensystems und wird auch als Erholungsnerv bezeichnet, da er unter anderem für die Senkung des Blutdrucks zuständig ist. Er sorgt also für Ruhe und Ausgeglichenheit. Übungen, bei denen tiefes Einatmen im Fokus steht, aktivieren hingegen den Sympathikus. Das wiederum erhöht die Herzfrequenz, macht dadurch leistungsfähiger und steigert die Konzentrationsfähigkeit.
Das sind die drei wichtigsten Atemübungen
1. Die Bauchatmung
Wirkung:
Es lenkt die Aufmerksamkeit vollständig auf die Atmung und beruhigt dadurch. Außerdem liegt der Fokus auf der Ausatmung, was den Parasympathikus aktiviert.
Haltung:
Diese Übung ist flexibel. Sie kann im Sitzen, im Liegen und sogar im Stehen ausgeführt werden.
So geht’s:
Eine Hand locker auf den Bauch legen. Beim Einatmen die Luft tief in den Bauch strömen lassen und mit der Hand spüren, wie die Bauchdecke sich hebt. Beim Einatmen bis drei zählen. Dann ausatmen und ebenfalls bis drei zählen. Etwa zwei Minuten lang wiederholen.
Steigerung:
Das Ausatmen nach und nach immer mehr in die Länge ziehen, so dass man am Ende bis sieben oder acht zählen kann. Je länger man es schafft, auszuatmen, umso stärker wird der Parasympathikus stimuliert.
2. Die Wechselatmung
Wirkung:
Diese Atmung wird auch Anti-Stress-Atmung genannt. Sie erfordert viel Konzentration, was von störenden Gedanken ablenkt und soll beide Gehirnhälften harmonisieren. Außerdem vergrößert sie das Lungenvolumen und kräftigt das Herz-Kreislauf-System.
Haltung:
Im Sitzen oder im Liegen. Beim Sitzen sollte der Rücken gerade gehalten werden.
So geht’s:
Die linke Hand zur Nase führen, Zeige- und Mittelfinger zum Handballen klappen, den Daumen an den linken Nasenflügel, den Ringfinger an den anderen legen. Zuerst das linke Nasenloch mit dem Daumen zuhalten und durch das rechte Nasenloch einatmen. Dabei bis vier zählen. Anschließend auch das rechte Nasenloch mit dem Ringfinger verschließen und die Luft anhalten. Dabei bis acht zählen – Anfänger zählen bis vier. Danach das linke Nasenloch freigeben und beim Ausatmen auch bis acht zählen. Die Lunge sollte vollständig entleert werden. Danach durch das linke Nasenloch wieder einatmen, bis vier zählen, das Nasenloch verschließen, bis acht zählen – und dann das rechte Nasenloch wieder freigeben. Dadurch zuerst ausatmen (bis acht zählen) und dann wieder einatmen (bis vier zählen). Diesen Wechsel dreimal durchatmen.
Steigerung:
Langsam bis auf zehn Durchläufe erhöhen.
3. Vollständige Yoga-Atmung
Wirkung:
Versorgt den Körper rasch mit Sauerstoff, also mit neuer Energie. Entspannt gleichzeitig die Muskeln.
Haltung:
Auf den Rücken legen, eine Hand auf den Brustkorb legen, die andere auf den unteren Bauch.
So geht’s:
Zuerst tief in den Bauch einatmen, wobei sich die untere Hand hebt. Fühlt sich der Bauch voll an, weiter einatmen – aber jetzt in den Brustkorb, wobei sich die obere Hand hebt. Dann genau andersherum wieder ausatmen: Zuerst strömt die Luft aus dem Brustkorb, dann aus dem Bauch hinaus. Drei- bis viermal wiederholen.