Nicht mehr als 300 bis höchstens 600 Gramm Fleisch und Wurst pro Woche sollten wir laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung nur essen. Warum ist das so?
Morgens eine Wurststulle, mittags Schnitzel, Gulasch oder Eintopf mit Würstchen und abends Chicken Nuggets, Burger oder Salamipizza: Entweder ganz bewusst und nach dem Motto „Fleisch ist mein Gemüse“ oder einfach aus Gewohnheit landen Fleisch und Fleischgerichte regelmäßig oder sogar täglich auf dem Speiseplan. Rund 53,7 Kilogramm wurden 2020 pro Kopf in Deutschland verzehrt. Das sind etwa 147 Gramm Fleisch pro Tag und Kopf. Viel zu viel meinen Verfechter der veganen Ernährung – nicht nur weil Fleischkonsum der Umwelt schadet und Tierleid verursacht, sondern auch weil eine fleischlastige Ernährung schlecht für die Gesundheit ist. Immer im Januar rufen sie deshalb dazu auf, einen Monat lang auf alle tierischen Produkte zu verzichten. „Veganuary“ heißt die Idee, die aus Großbritannien stammt und schon seit 2014 immer neue Anhänger findet. Der Grundgedanke: Wer einmal auf den Geschmack kommt, ändert vielleicht dauerhaft seine Essgewohnheiten. Ganz verkehrt ist diese Idee tatsächlich nicht, denn schaut man sich den Pro-Kopf-Verbrauch an, wird eins deutlich: Wir verzehren zu viel Fleisch.
Woher kommt unsere Lust auf Fleisch?
Die US-amerikanische Sozialpsychologien Melanie Joy hat eine sehr einfache Erklärung dafür, dass Fleisch aus der Ernährung kaum wegzudenken ist. Sie spricht von der Ideologie des Karnismus, mit der Menschen den Verzehr bestimmter Tiere rechtfertigen. Die Natürlichkeit des Fleischkonsums werde dabei laut Joy besonders häufig angeführt – schließlich steht Fleisch bereits seit mehr als zwei Millionen Jahren auf dem Speiseplan. Eine weitere Rechtfertigung sei zudem die Notwendigkeit des Konsums. Der Verzehr von Fleisch versorgt den Körper tatsächlich mit Energie, aber auch vor allem mit wichtigen Nährstoffen. So sagt zum Beispiel das Bundeszentrum für Ernährung: „Fleischeiweiß gehört […] zu den Proteinen (Eiweißstoffen) mit der höchsten biologischen Wertigkeit. Es ist reich an essenziellen Aminosäuren, den lebensnotwendigen Eiweißbausteinen.“ Darüber hinaus ist Fleisch besonders reich an B-Vitaminen sowie an Vitamin A und C. Ist eine fleischlastige Ernährung also tatsächlich gesund?
Kann zu viel Fleisch krank machen?
So einfach ist die Rechnung nicht. Ganz im Gegenteil. So sind sich Experten einig, dass bei Menschen, die über einen langen Zeitraum viel Fleisch konsumieren, das Risiko krank zu werden deutlich höher ist. Zudem können sich bereits vorhandene Leiden verschlimmern. Mögliche Erkrankungen sind Darmkrebs, Diabetes und Rheuma, aber auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Arthrose. Als besonders schädlich gilt dabei vor allem verarbeitetes Fleisch – also Fleisch, das verändert wurde, um entweder den Geschmack zu verbessern oder die Haltbarkeit zu verlängern. Dazu gehören zum Beispiel Salami, Schinken oder auch fertige Burger oder Würstchen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) stufte deshalb bereits 2015 verarbeitetes Fleisch als sicher krebserregend ein und rotes Fleisch als wahrscheinlich krebserregend.
Sollte man Fleisch ganz vom Speiseplan streichen?
Ganz verzichten muss man auf Wurstbrote, Sonntagsbraten und Co. aber natürlich nicht. So sagte zum Beispiel das Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) bereits 2009 im Bezug auf eine US-amerikanische Studie zum Thema „Fleischkonsum und Sterblichkeitsrate“, dass „kein direkter Kausalzusammenhang zwischen Fleischkonsum und Krebs sowie anderen Todesursachen abgeleitet werden kann.“ Vielmehr gebe es mehrere Ursachen – wie zum Beispiel genetische Faktoren. Deshalb rät das BfR: „Verzehrempfehlungen sollten das potenzielle Gesundheitsrisiko sowie den potenziellen gesundheitlichen Nutzen ausgewogen berücksichtigen.“ Die Experten des American Institute for Cancer Research (AICR) empfehlen dagegen eine konkrete Verzehrmenge – und zwar maximal 300 Gramm rotes Fleisch. Verarbeitetes Fleisch sollte nach Möglichkeit gemieden werden. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) ist überzeugt: „Eine pflanzenbetonte Ernährung mit einem geringen Fleischverzehr ist gut für unsere Gesundheit.“ Das geht aus dem 14. DGE-Ernährungsbericht hervor. Demnach liegt die empfohlene Menge bei 300 bis höchstens 600 Gramm pro Woche.
Woran kann man gutes Fleisch erkennen?
Wer nicht auf Fleisch verzichten möchte, sollte aber nicht nur Verzehrmenge und Qualität im Auge behalten, sondern sich auch darüber Gedanken machen, woher sein Fleisch stammt – also wie das Tier gehalten wurde. Dafür gibt es mittlerweile zahlreiche Siegel. Wer sein Fleisch im Supermarkt kauft, dem wird zum Beispiel das Label „Haltungsform“ schon aufgefallen sein. Das Label gibt es seit 2019 und unterscheidet vier verschiedene Kategorien von Haltungsbedingungen: Stallhaltung (rot), Stallhaltung Plus (blau), Außenklima (orange) und Premium (grün). Das Siegel „Initiative Tierwohl“ kennzeichnet hingegen Fleisch aus Betrieben, die bei der Tierhaltung über die gesetzlichen Standards hinausgehen. Laut Stiftung Warentest heißt das: „Es gibt bestimmte Grundanforderungen, die jeder Tierhalter umsetzen muss – etwa indem er im Stall mindestens 10 Prozent mehr Platz schafft, Beschäftigungsmaterial wie Heu bereitstellt oder an einem Überwachungsprogramm zum Antibiotikaeinsatz teilnimmt.“ Die Kriterien der Brancheninitiative lägen allerdings weit unter den Ansprüchen für Bio-Fleisch und seien vergleichbar mit der „Haltungsform 2“. Für mehr Tierwohl steht hingegen das „Tierschutzlabel“ des Deutschen Tierschutzbundes. Stiftung Warentest sagt dazu: „Es gibt zwei Stufen: Eine Einstiegs- und eine Premiumstufe, beide gehen über gesetzliche Mindeststandards hinaus.“ Besonders strenge Richtlinien gelten hingegen für Bio-Betriebe – zu erkennen sind sie an den Siegeln der deutschen Bio-Anbauverbände wie Naturland, Bioland oder Demeter.