Auch wenn das Gehirn kein Muskel ist, kann es wie einer trainiert werden: Wer bis ins hohe Alter im Oberstübchen fit bleiben möchte, muss in geistiger und körperlicher Bewegung bleiben.
Die schlechte Nachricht gleich zuerst: Laut Wissenschaft befinden wir uns mit Mitte 20 auf dem Zenit unserer geistigen Leistungsfähigkeit. Danach sind wir schon über den Berg. Doch wer nun meint, dass es ab 30 Jahren mit den kognitiven Fähigkeiten nur noch bergab geht, der sollte sich auch die gute Nachricht nicht entgehen lassen: Ein gutes Gedächtnis ist trotzdem keine Frage des Alters. Unser Gehirn ist noch bis ins hohe Alter in der Lage, dazuzulernen. Denn auch dann können noch neue Neuronen und Synapsen gebildet werden. Wie bei vielen Dingen im Leben gilt aber: Dranbleiben und nicht einrosten!
Unsere Nervenzellen sind über die neuronalen Verknüpfungen, den Synapsen, verbunden und bilden ein unfassbar großes Netzwerk. Über dieses verarbeiten wir Sinneswahrnehmungen und Informationen. Je mehr wir lernen, also neuronal aktiv sind, desto mehr Verbindungen bilden sich. Je weniger wir aber lernen und uns fordern, desto stärker bauen sie ab und werden schwächer.
Sich im durchgetakteten Alltag, der meist aus vielen Routinen besteht, auch noch regelmäßig geistig zu fordern und mit Neuem zu konfrontieren, fällt manchmal schwer. Training fürs Oberstübchen lohnt sich aber. Der Bundesverband Gedächtnistraining schreibt: „Ganzheitliches Gedächtnistraining bezieht alle Sinne und beide Gehirnhälften ein. Nachweislich verbessert es die Durchblutung und den Stoffwechsel des Gehirns, was zu einer Steigerung der allgemeinen Lernfähigkeit führt. Die gleichzeitige Aktivierung des gesamten Organismus hebt das körperliche und geistige Wohlbefinden.“ Wer sich regelmäßig geistig herausfordere, könne seine Merkfähigkeit, die Wahrnehmung, Konzentration, das logische Denken sowie die Denkflexibilität verbessern.
Tipps, wie Sie sich geistig fit halten können:
1. Bewegung
Bewegung hält nicht nur unseren Körper fit und gesund, sondern auch unser Gehirn. Wissenschaftliche Studien belegen, dass regelmäßiger Ausdauersport den grauen Zellen guttut. So trainiert etwa das Laufen nicht nur das Herz-Kreislaufsystem und die Muskulatur, sondern auch das Gehirn. Das Erinnerungsvermögen sowie die Konzentration und die Aufmerksamkeitsleistung verbessern sich nachweislich. Durch Laufen, aber auch Schwimmen und Radfahren soll sich außerdem das visuell-räumliche Gedächtnis verbessern. Die Bewegung regt den Stoffwechsel auch im Gehirn an, Neuronen wachsen, der Alterungsprozess verzögert sich. Regelmäßiger Sport reduziert außerdem bei erreichbaren Zielen nachweislich depressive Symptome.
2. Hobby
Neugierde und die Lust, Neues auszuprobieren, tut unserem Gehirn richtig gut. Sich neben altbekannten und einstudierten Aktivitäten immer auch wieder neue anzueignen, kommt der geistigen Fitness zugute. Wie wäre es also neben dem routinierten „Konditionstraining“ mit dem Ausbauen von bereits vorhandenen Hobbys oder gleich einem ganz neuen Hobby? Malen, Kurzgeschichten schreiben, einen Tanzkurs belegen oder neue Tanzschritte einstudieren, ein Instrument erlernen, basteln oder etwas heimwerkeln, in eine andere Sprache hineinschnuppern, sich an aufwendigere Rezepte heranwagen oder sich mal intensiv in ein Thema einlesen, das einen immer schon interessiert hat. Besonders gut sind Aktivitäten, bei denen Bewegungsabläufe, Atmung und Konzentration sowie Koordination zusammen gefordert sind.
3. Mini-Workout mit allen Sinnen
Schon einfache Variationen des Alltags reichen aus, um geistig agil zu bleiben: Wissenschaftler der Duke University im US-Bundesstaat North Carolina fanden heraus, dass man sein Gehirn auch mit sogenannten Neurobics trainieren kann. Was sich dahinter verbirgt, sind kleine Routine-Durchbrüche, bei denen wir uns unsere fünf Sinne zunutze machen – Hören, Riechen, Fühlen, Schmecken und Sehen. Mit Neurobics locken wir unser Gehirn aus der Komfortzone. Wir können sie einfach in den Alltag integrieren – beim Zähneputzen am Morgen, am Arbeitsplatz, beim Einkaufen, beim Freunde treffen oder zum Zubettgehen. Bekannte Bewegungsabläufe und Sinneswahrnehmungen sollen hierbei durch neue ersetzt werden. Die Reihenfolge von einstudierten Abläufen kann zum Beispiel umgestellt werden, eine Einkaufsliste kann mit der linken Hand geschrieben werden, ein Laufweg rückwärts abgelaufen werden. Man kann auch mal sein Essen mit geschlossenen Augen zu sich nehmen, genauso wie eine Dusche mal bewusst nur über die Haut und Ohren wahrgenommen werden kann. Man kann versuchen, mit seinem Partner ganz ohne Worte zu kommunizieren. So fokussiert man seine Sinne und fordert sein Gehirn heraus. Bei den Neurobics kann man kreativ werden und sich immer wieder mit Kleinigkeiten herausfordern: Die Armbanduhr am anderen Handgelenk tragen, einen anderen Weg zur Arbeit fahren, seinen Lieblingspulli mit geschlossenen Augen aus dem Schrank suchen oder den Geschmacks- und Geruchssinn erproben. Schon wenige Neurobics-Minuten am Tag sollen die Nervenzellen gut aktivieren. Und womöglich machen sie ja dazu auch noch Spaß!
4. Gezieltes Gedächtnistraining
Viele haben diese Routine schon in ihren Alltag integriert: Kreuzworträtsel, Sudokus oder Kartenspiele sind sehr beliebt. Sie sollen die grauen Zellen intakt halten. Doch die Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen (BAGSO) weist darauf hin, dass dabei immer die gleichen Denkmuster zum Einsatz kommen. Besser sei, ein richtiges Gedächtnistraining zu absolvieren, damit das Gehirn flexibel reagieren kann. Strategie- oder Memory-Spiele etwa fordern ebenso heraus und machen auch noch Spaß. Auf der Webseite des Bundesverband Gedächtnistraining gibt es zum Beispiel weitere Anregungen.
5. Soziale Kontakte pflegen
Nicht zu unterschätzen sind soziale Kontakte. gesund.bund.de, ein Service des Bundesministeriums für Gesundheit, weist darauf hin, dass auch die psychische Gesundheit Einfluss auf die geistige Fitness nimmt. Ein gesunder Lebensstil und soziale Kontakte trügen zur Erhaltung der psychischen Gesundheit im Alter bei. Die regelmäßige Pflege von familiären und freundschaftlichen Beziehungen fördert die Gesundheit und schützt vor Einsamkeit. Der gemeinsame Austausch regt den Geist an und hält psychisch gesund. Gemeinsam kann man mit anderen Menschen außerdem zum Beispiel auch prima Sport treiben oder ein neues Hobby beginnen.
Übrigens: gesund.bund.de weist daraufhin, dass viele Umstände und Krankheiten dazu beitragen können, dass im Alter eine Demenz entsteht. Dazu gehören Bluthochdruck, Herzrhythmusstörungen, Diabetes, Übergewicht, Depressionen oder Rauchen. Solche Risikofaktoren können beeinflusst und behandelt werden. „Wer sein Leben schon im mittleren Alter aktiv gestaltet, kann der Krankheit vorbeugen. Dazu gehören regelmäßige Bewegung, eine ausgewogene Ernährung und ein aktives geistiges und soziales Leben“, heißt es auf der Webseite.