Wie werde ich mit den Geburtsschmerzen zurechtkommen? Das fragen sich viele Frauen, wenn am Ende der Schwangerschaft die Entbindung näher rückt.1 Für manche ist es beruhigend zu wissen, dass es verschiedene medikamentöse Möglichkeiten gibt, um die Schmerzen zu lindern. Eine davon ist die Periduralanästhesie, kurz PDA. „Sie wirkt laut Studien effektiver als andere Medikamente und kann dabei helfen, dass Frauen weniger erschöpft durch die Geburt gehen“, sagt Prof. Michael Abou-Dakn, ärztlicher Direktor und Chefarzt der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe im St. Joseph Krankenhaus in Berlin sowie Koordinator der S3-Leitlinie (eine medizinische Richtlinie, die auf der höchsten Stufe wissenschaftlicher Evidenz basiert und standardisierte Behandlungsempfehlungen gibt) „Die vaginale Geburt am Termin“.2 Bei ungefähr jeder fünften natürlichen Geburt wird heute zur Schmerzlinderung eine PDA gelegt.3
Was ist eine Periduralanästhesie (PDA)?
Eine PDA hemmt die Schmerzleitung der Nerven im unteren Körperbereich. Sie kann nur in Kliniken angewendet werden. Dafür führt ein Narkose-Arzt oder eine Narkose-Ärztin eine spezielle Nadel zwischen zwei Lendenwirbeln ein und schiebt einen sehr feinen Katheterschlauch bis in den sogenannten Periduralraum vor. Da die Stelle am Rücken örtlich betäubt wird, ist dies in der Regel nicht schmerzhaft.4 Wenn der Katheter an der richtigen Stelle liegt, wird die Nadel entfernt. Der Katheter bleibt, um Schmerzmittel kontinuierlich oder bei Bedarf zu verabreichen.
Durch den Periduralraum verlaufen die Nervenfasern, die für die Schmerzweiterleitung im Unterleib zuständig sind.5 Diese werden mit Medikamenten betäubt, die bei Bedarf nachgespritzt werden können. In vielen Kliniken kann sich die Frau bis zu einem bestimmten Limit selbst mittels einer kleinen Pumpe weitere Dosen Schmerzmittel verabreichen.6 Nach etwa 15 Minuten setzt die Wirkung der PDA ein: Der Bereich abwärts der Taille wird schmerzunempfindlicher. Erleben und Bewusstsein der Frau werden davon nicht beeinträchtigt.7 In der Regel versuchen die Ärzte und Ärztinnen, die Medikamente heute so zu dosieren, dass die Gebärende noch gehen und sich bewegen kann („Walking-PDA“).8
„Optimalerweise wird eine PDA gesetzt, wenn der Muttermund bereits mehrere Zentimeter geöffnet ist“, sagt Abou-Dakn.9 Ein zu früher Einsatz führe dagegen vermehrt dazu, dass im Verlauf wehenfördernde Mittel gegeben werden müssten und weitere Interventionen erfolgten, die den Geburtsverlauf beeinflussen könnten. Zur Sicherheit wird für eine gewisse Zeit – mindestens 30 Minuten – nach Legen der PDA die kindliche Herzfrequenz per CTG (Kardiotokographie) überwacht.10
Wie gut wirkt die PDA?
Laut Studien sind etwa 75 von 100 Frauen sehr zufrieden mit der Schmerzlinderung durch die PDA.11 „Die Dosierung lässt sich mittlerweile relativ gut einschätzen“, bestätigt Experte Abou-Dakn. Es gäbe aber auch Fälle, bei denen die Wirkung nicht so ist wie gewünscht. „Bei starkem Übergewicht etwa kann der PDA-Katheter eher verrutschen, sodass das Nachspritzen des Schmerzmittels keine Wirkung mehr zeigt.“12 Gut zu wissen: Sitzt die PDA richtig, gelangen die Medikamente nur in geringem Umfang in den mütterlichen Blutkreislauf und in noch geringerer Menge über die Plazenta zum Kind.13
Welche Nebenwirkungen hat die PDA?
Häufig fällt durch die PDA der Blutdruck ab, da sich die Blutgefäße weiten.14 Das kann bei der Gebärenden zu Übelkeit und Schwindel führen.15 Zur Sicherheit überwacht das Geburtsteam die Werte und legt vorab eine Kanüle in die Armvene, um entsprechende Medikamente geben zu können.16 Weitere Nebenwirkungen können Fieber und Blasenentleerungsstörungen sein.17
Wenn der Anästhesist oder die Anästhesistin bei der Injektion versehentlich zu tief sticht, sodass die innere Schutzhülle des Rückenmarks verletzt wird, kann Nervenwasser austreten. „Starke, auch länger anhaltende Kopfschmerzen können die Folge sein“, so Abou-Dakn.18
Bei einer Infektion im Injektionsbereich, einer Allergie gegen Betäubungsmittel oder wenn eine Blutgerinnungsstörung vorliegt, ist eine PDA nicht möglich. „Sehr selten sind auch Wirbelsäulenveränderungen ein Hinderungsgrund“, sagt der Experte. „Ein Bandscheibenvorfall spricht jedoch nicht per se gegen eine PDA.“ Ob die Methode im individuellen Fall möglich ist, wird mit dem Anästhesie-Team vorab besprochen.
Fazit
Wie Frauen die Schmerzen unter der Geburt erleben, ist sehr unterschiedlich. „Am herausforderndsten ist die Geburtsphase, in der sich der Muttermund öffnet“, weiß Abou-Dakn. Angst steigert das Schmerzempfinden nachweislich. „Daher sind generell alle Strategien sinnvoll, dass sich Gebärende gut aufgehoben fühlen und weniger Ängste haben.“19 Für Frauen, die an ihre Grenzen kommen, ist die PDA eine effektive und sichere Methode zur Schmerzlinderung. Eine Geburt mit PDA dauert durchschnittlich genauso lange wie eine Geburt ohne PDA. Die PDA erhöht auch nicht das Risiko für einen Kaiserschnitt.20