Die menschliche Verdauung ist ein komplexer Ablauf, der mit der Aufnahme der Speisen oder Getränke beginnt und beim Stuhlgang auf der Toilette endet. In der Regel machen sich die meisten Menschen über die genauen Abläufe dazwischen nur wenig Gedanken – außer es kommt zu Problemen.
Wer sich einmal mit dem Thema Verdauung auseinandersetzt, der versteht, dass an unsere Verdauung viele gesundheitliche Probleme geknüpft sein können, die häufig in einem Zusammenspiel mit der Ernährung stehen. Deswegen lohnt sich ein Blick auf das Verdauungssystem: Wie arbeitet es? Welchen Einfluss hat die Ernährung darauf? Wie kommt es zu Problemen wie Durchfall oder Verstopfung? Wie lassen sich diese am natürlichsten behandeln?
Vom ersten Biss bis zum Toilettengang wird verdaut
„Das muss ich erst mal verdauen“: Im Volksmund steht diese Redewendung für die Aufnahme und Verarbeitung einer Information, für ihre Zerlegung und Aufspaltung in Wichtiges und Unwichtiges. Und der Vergleich passt: Auch mit der Verdauung ist ein komplexer Prozess aus der Aufnahme und Zerkleinerung von Nahrung, der Aufspaltung der enthaltenen Enzyme und ihrem Übergang in das Blut gemeint. Sie ist die Energiequelle für unseren Körper. Alles, was er nicht benötigt oder nicht verarbeiten kann, scheidet er wieder aus.
Verdauung startet mit dem ersten Bissen
Bereits mit dem Kauen der Nahrung beginnt die Verdauung. Denn das Kauen dient nicht nur der reinen mechanischen Zerkleinerung der Nahrung, sondern bereitet diese auch durch die Untermischung des Speichels auf die nächsten Schritte vor. Die Flüssigkeit, von der unser Körper mehr als einen Liter täglich produzieren kann, ist mit Verdauungsenzymen, wie zum Beispiel Lipase, versetzt, das für die Verarbeitung von Fetten zuständig ist.
Je länger ein Biss gekaut wird, umso gründlicher wird er mit dem Speichel versetzt und desto besser kann er in den nächsten Verdauungsschritten zerlegt werden. Eine Empfehlung lautet, jeden Bissen etwa dreißig Mal zu kauen, bevor man ihn herunterschluckt.1 Generell dient die Entschleunigung des Essensprozesses also einer gesunden Verdauung. Das liegt nicht nur am gut untergemischten Speichel, sondern auch daran, dass insgesamt weniger Nahrung aufgenommen wird, weil das Sättigungsgefühl nicht übergangen wird.2
Zwei Phasen der Verdauung im Magen
Nach dem Herunterschlucken macht sich die nun schon etwas mit Feuchtigkeit durchsetzte Nahrung über die Speiseröhre auf den Weg in den Magen. Dort wird sie zunächst im oberen Teil gesammelt und dann in den unteren Teil des Magens befördert, wo der Magensaft sie weiter zerkleinert und ihr wichtige Enzyme für die Aufnahme der Nährstoffe beimischt. Dieser Prozess dauert zwischen einer und drei Stunden.
Die Magensäure, die diese Aufgabe übernimmt, wird von Drüsen im Magen gebildet und ist sehr aggressiv. Damit der Magen selbst nicht geschädigt wird, ist er mit einer schützenden Schicht, der Magenschleimhaut, umgeben. Kommt es hier zu einer Dysbalance, etwa zu wenig Magensäure oder einer empfindlichen Schleimhaut, hat das großen Einfluss auf die weitere Verdauung und auch auf die Prozesse im Magen selbst. Denn die Nahrung kann dann womöglich nicht weitergeleitet werden, es entstehen Magenschmerzen durch eine Übersäuerung oder Untersäuerung und ernsthafte Störungen in der weiteren Verdauung.3 Die Nahrung kann dann gar nicht oder nur bedingt in den Darm weitergeleitet werden und der Körper gelangt nicht an die Inhaltsstoffe der Nahrung, aus denen er seine Energie zieht.
Der Darm ist wie eine Recyclinganlage
Im Darm entnimmt der Körper dann die Nährstoffe. Zuerst gelangt die Nahrung in den Dünndarm, wo der Nahrungsbrei immer weiter durchgemischt und in einzelne Nährstoffe aufgespalten wird, darunter Zucker, Vitamine oder Fettsäuren. Sie werden von der Darmwand aufgenommen und in das Blut transportiert.4 Dieser Prozess, an dem auch Bauchspeicheldrüse und Gallenblase mit der Produktion von unterschiedlichen Sekreten zur Zerlegung der Nahrung beteiligt sind, dauert bis zu neun Stunden.
Die längste Verweildauer bei der Entnahme von Nährstoffen hat der Nahrungsbrei jedoch im Dickdarm. Bis zu 30 Stunden kann es dauern, bis dem übrigen Brei im Dickdarm Wasser und Mineralstoffe entzogen werden. Die Nahrung, die seit der Aufnahme in den Mund immer weiter mit Flüssigkeiten versetzt und somit immer flüssiger wurde, wird nun wieder fester, um dann im Mastdarm in Stuhl umgewandelt zu werden und als solcher den Körper wieder zu verlassen.
Infektionen und Verdauungsprobleme können den gesamten Körper durcheinanderbringen
Probleme, wie etwa Magen-Darm-Infektionen, können das System durcheinanderbringen und so zu Durchfall und Erbrechen führen. Unser Verdauungssystem ist dann nicht mehr in der Lage, die Nahrung zu verarbeiten. Ähnlich ist es mit Erkrankungen wie zum Beispiel dem Reizdarmsyndrom oder Nahrungsmittelunverträglichkeiten. Wer vermutet, dass er hierunter leidet, der sollte seinen Hausarzt aufsuchen. Nahrungsmittelunverträglichkeiten können getestet werden und auch bei einem schweren Reizdarm kennt ein Mediziner Rat.
Durchfall oder Verstopfungen müssen aber nicht immer einen so schwerwiegenden Hintergrund haben. Auch eine falsche Ernährung und/oder zu wenig Bewegung können eine Ursache sein. Bei Durchfall wurde dem Nahrungsbrei im Dickdarm nicht genug Wasser entzogen, wodurch dieser nicht fest genug ist und auch nicht fertig verdaut wurde.5 Ursachen dafür können zum einen eine zu schnelle Durchreise durch den Darm sein, bei der das Verdauungssystem einfach nicht genug Zeit hatte, um seine Arbeit vollständig zu erledigen. Manchmal nehmen wir aber auch Nahrung auf, mit der unser Darm nicht arbeiten kann. So kommt es immer mal wieder vor, dass der Dickdarm aufgrund bestimmter Inhaltsstoffe daran gehindert wird, das Wasser zu absorbieren.6
Ähnlich verhält es sich bei einer gewöhnlichen Verstopfung. Wer sich zum Beispiel zu ballaststoffarm ernährt, zu wenig trinkt oder sich zu wenig bewegt, der erschwert den Verdauungsprozess und es kommt zu weniger Flüssigkeitsanreicherung. Verstopfung kommt auch dann vor, wenn Essensreste den Dickdarm nicht vollständig verlassen, dort verbleiben und ihnen immer weiter Wasser entzogen wird. Der Stuhl wird immer härter. Auch neuen Speisebreien wird das Vorbeikommen dadurch erschwert, sodass sich die Masse aufstaut.
Was hilft bei Verstopfung?
Häufig ist die Ursache für das Problem auch seine Lösung. Wer zu wenig getrunken, zu wenig Ballaststoffe gegessen und sich zu wenig bewegt hat, der kann versuchen, die Verstopfung genau dadurch zu lösen. Häufig ist gerade die Kombination aus den drei Faktoren der Schlüssel, der die Verstopfung lösen kann. Nahrungsmittel, wie etwa Leinsamen, Obst und gedünstetes Gemüse, sind gut für eine gesunde Stuhlkonsistenz und können bei einer Tendenz zur Verstopfung helfen, den Stuhl weich zu halten.
Was hilft bei Durchfall?
Bei Durchfall ist genau das Gegenteil der Verstopfung der Fall. Denn der Stuhl ist zu flüssig. Ziel ist es also, diesen anzudicken. Lebensmittel wie Reis, Zwieback oder Bananen können kurzfristig dabei helfen. Ebenso gelten Heilerde, Heidelbeeren oder geriebener Apfel als gute Unterstützung für den Darm bei Durchfall. Wichtig ist hierbei, dass auf bekömmliche, leicht und schnell verdauliche Lebensmittel geachtet wird.7
Ernährungstipps für eine gesunde Verdauung
Prinzipiell sollte man sich ausgewogen und gesund ernähren, um die Verdauung gar nicht erst in eine Dysbalance zu bringen. Das bedeutet laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE), auf eine nährstoffreiche und komplexe Nahrung zu achten. Denn unsere Ernährung beeinflusst die Darmflora, bestimmt unsere gesundheitliche Konstitution und auch die Gesundheit unseres Darms und das bereits nach kurzer Zeit. Wir können also aktiv die Gesundheit unseres Körpers mitgestalten. Es gibt dabei ein paar Regeln, die laut der DGE 8 und anderen Fachgremien für Ernährung beachtet werden sollten:
- Die volle Lebensmittelvielfalt genießen: Das heißt möglichst vielfältig zu essen, um eine gute Mischung aus Vitaminen und Nährstoffen aufnehmen zu können. Die Basis einer guten Ernährung bieten pflanzliche Lebensmittel, also Obst, Gemüse, Getreide, aber auch Nüsse. Tierische Produkte sollten diese Basis ergänzen.
- Fünf Portionen Obst und Gemüse: Drei Portionen Gemüse und zwei Portionen Obst sollten täglich auf dem Speiseplan stehen. Je bunter die Mischung, umso vielfältiger auch die aufgenommenen Vitamine und Mineralstoffe.
- Ballaststoffreiche Ernährung: Wer auf komplexe Kohlenhydrate setzt, der versorgt damit gleichzeitig die nützlichen Darmbakterien mit Nahrung und sorgt somit für die Gesundheit des Verdauungssystems. Dazu gehören Vollkornprodukte ebenso wie Kartoffeln.
- Tierische Lebensmittel: Wer mit Milch, Joghurt, Eiern oder Fleisch seine Ernährung ergänzt, der hilft seinem Verdauungssystem, sagt die DGE. Hier gehen die Meinungen jedoch auch auseinander. Denn inzwischen gibt es eine Vielzahl an Ersatzprodukten, die die wertvollen Vitamine aus den tierischen Produkten ersetzen können. Fest steht jedoch, dass die Bakterienstämme Prä- und Probiotika großen Einfluss auf die Darmflora haben und in vielen tierischen Produkten enthalten sind. Aber auch Zwiebeln, Knoblauch oder Bananen enthalten Präbiotika, Sauerkraut Probiotika. Um eine gute Balance und Diversität zu erreichen, braucht der Darm auch Fettsäuren, die in Fisch, aber auch zum Beispiel in Leinsamen und Nüssen zu finden sind.
- Gesundheitsfördernde Fette: Pflanzliche Fette wie Rapsöl sind sehr gesund und helfen dem Körper bei zahlreichen Prozessen. Sonnenblumenöl hingegen ist kein besonders gesundes Öl und auch Olivenöl sollte sparsam eingesetzt werden. Aber auch Walnuss-, Lein- oder Sojaöl sind gesunde Öle, die ohne Bedenken eingesetzt werden können.
- Wenig Zucker und Salz: Nahrungsmittel wie Zucker oder Salz hingegen sollten wirklich nur reduziert und bedacht gegessen werden, da wir unserem Verdauungssystem damit einfach keinen Gefallen tun.
- Wasser als Grundversorgung: Natürlich kann es auch mal ein Kaffee, eine Saftschorle oder eine Cola sein – allerdings nur als Ausnahme und nicht als Regel. Hauptdurstlöscher sollte Wasser sein. Denn alle anderen Getränke enthalten Zucker und andere Beimischungen, die die Verdauung beeinflussen.
Diese Tipps können einen großen Einblick in das komplexe Feld der Ernährung geben. Wer jedoch regelmäßig Probleme mit der eigenen Verdauung hat, sollte einen Arzt und Ernährungsberater aufsuchen, um einen individuell abgestimmten Ernährungsplan zu erhalten, der auf die eigenen Bedürfnisse und Lebenssituationen abgestimmt ist.