Die Zahlenanzeige auf der Waage lässt so manchen verunsichert zurück. Welches Gewicht ist okay? Sind ein paar Pfunde zu viel immer gleich Übergewicht und ein Gesundheitsrisiko?
Die Welt hat ein schwerwiegendes Problem: Übergewicht und Fettleibigkeit nehmen auf dem gesamten Globus zu. In Deutschland sind nach Angaben des Robert-Koch-Institus (RKI) knapp 53 Prozent der Frauen und gut 67 Prozent der Männer übergewichtig. Gut ein Viertel der Erwachsenen in Deutschland ist sogar stark übergewichtig und damit adipös.1 Damit einhergehen können bekanntermaßen chronische Erkrankungen wie Diabetes mellitus Typ 2, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder einzelne Krebsarten – sowie eine kürzere Lebenserwartung.2
Egal ob nach dem Urlaub, einer Stressphase, einer längeren Sportpause oder einfach so im Alltag: Zeigt die Waage ein paar Pfunde mehr an, ist das für viele eine ernüchternde Erkenntnis, aber meist erst einmal mehr ein ästhetisches als ein gesundheitliches Problem. Dieses ergibt sich aber dann, wenn das Fettpolster wächst. Doch wo hört Normalgewicht auf und wann fängt Übergewicht an? Gibt es auch so etwas wie ein paar gesunde Pfunde zu viel? Und welche Rolle spielen dabei Knochen und Muskeln?
Wie aussagekräftig ist der Body-Mass-Index?
Bin ich zu dick? Der Body-Mass-Index (BMI) soll eine Antwort geben oder zumindest bei der Einschätzung helfen. Er setzt das Körpergewicht und die Körpergröße ins Verhältnis und dient damit als Indikator für Unter- wie Übergewicht.
Die Formel: Körpergewicht (in kg) geteilt durch Körpergröße (in m) zum Quadrat.
Ein optimaler BMI, der für Normalgewicht steht, liegt bei Menschen über 20 Jahren zwischen 18,5 und 24,9. Ein Wert über 25 gilt als Übergewicht, ab 30 als adipös (WHO). Doch wie aussagekräftig ist der BMI heute wirklich noch? Laut Deutschem Ärzteblatt gilt er lediglich als Richtwert zur Orientierung, da er nur Körpergröße und -gewicht in seine Berechnung mit einbezieht.3 Er sollte immer auch im Zusammenhang mit anderen einhergehenden Faktoren betrachtet werden. So sind zum Beispiel das Geschlecht, das Alter, der Körperfettanteil insbesondere der Bauchumfang oder die Muskelmasse wichtige Indikatoren.4
Was wirklich ins Gewicht fällt
Die Übergänge von Normalgewicht zu Übergewicht sind fließend und dazu noch höchst individuell. Generell gelten schlank oder leicht übergewichtig im Schnitt gesünder als unter- oder übergewichtig. Eine klar benennbare Grenze gibt es aber nicht.
Manch einer mag auf seine schweren Knochen verweisen, wenn die Waage eine unerwünscht erhöhte Kilogrammzahl anzeigt. Doch auch wenn die Knochendichte von Mensch zu Mensch unterschiedlich sein kann, fällt sie dennoch nicht so stark ins Gewicht, dass sie das Körpergewicht entscheidend beeinflusst.5 Das tun viel mehr die Muskeln. Als Stoffwechselorgane erfüllen sie im Körper einen wichtigen Zweck und verbrennen Fett. Je mehr Muskeln ein Mensch hat, desto mehr Fett verbrennt er allein schon im Ruhezustand. Außerdem ist die Volumendichte von Muskeln dichter als die von Fett. Das bedeutet: Ein sportlicher Mensch mit vielen Muskeln kann schwerer sein als ein gleich großer untrainierter Mensch. Er hat dann unter Umständen einen höheren BMI, ohne dass ein tatsächliches, also gesundheitsgefährdendes Übergewicht besteht. Hier kann der BMI also irreführend sein.6
Gefährliches Bauchfett
Männer und Frauen nennen sie ihre Problemzonen: Das sind die Stellen, an denen sich lokal vermehrt Fett einlagert – etwa an Po, Oberschenkeln, Hüften, Armen oder Bauch. Fett ist grundsätzlich ein sinnvoller Energiespeicher für den Körper. Es macht allerdings einen Unterschied, wo es sich ansammelt. Vor allem das viszerale Bauchfett gilt als Gesundheitsrisiko, da es sehr stoffwechselaktiv ist. So produzieren diese Fettzellen bestimmte Eiweiße, sogenannte Adipokine, die Entzündungen fördern und damit Nährboden schaffen für bereits angesprochene Zivilisationserkrankungen wie Diabetes, Bluthochdruck oder Arteriosklerose.6,7,9 Natürlich spielen aber auch hierbei Faktoren wie die Ernährung, Stress oder Rauchen eine Rolle. So können unabhängig vom BMI auch schlanke Menschen gefährliches viszerales Fett haben, genauso wie übergewichtige Menschen trotzdem wenig davon besitzen.
Das Gewicht verändert sich mit dem Alter
Gewicht ist aber auch eine Altersfrage. Mit zunehmendem Alter wird der Kampf gegen überflüssige Pfunde schwieriger. Nicht nur die Muskelmasse nimmt ab, auch der Stoffwechsel läuft langsamer und die körperliche Fitness ist aufgrund geringerer Beweglichkeit eingeschränkter. Der BMI-Wert für Normalgewicht kann sich daher im Alter leicht nach oben verschieben.8 Das Gewicht beziehungsweise der BMI-Wert allein hat aber keine Aussagekraft über den Gesundheitszustand eines Menschen. Fitte und gesunde Körper kann es in (fast) allen Formen und Größen geben. Hohes Übergewicht oder Fettleibigkeit sind aber nie gesund, steigendes Übergewicht und Bewegungsmangel führen nachweislich zu bekannten chronischen Folgeerkrankungen. Wer seine Gesundheit verbessern oder seinen Körperfettanteil reduzieren möchte, sollte sich laut einer Studie von US-Forschern aber nicht zu sehr auf das Abnehmen konzentrieren, sondern viel mehr darauf, fitter und aktiver zu werden. Denn die allgemeine Fitness sei wichtiger als die Gewichtabnahme. Der „gewichtsneutrale Ansatz“ helfe laut der Meta-Analyse, die im Fachblatt „iScience" veröffentlicht wurde, dabei, Krankheiten und Gesundheitsrisiken, die mit Übergewicht einhergehen, besser in den Griff zu bekommen.10