Realität erweitern und in virtuelle Welten eintauchen: Virtual und Augmented Reality machen es möglich. In der Gaming- und Filmindustrie sind sie längst etabliert – aber auch in der Medizin ist das Potenzial von VR und AR erkannt worden. Etwa in der Chirurgie, Psychotherapie und Schmerztherapie, aber auch in der medizinischen Lehre an Hochschulen und Universitäten.
Schmerztherapie durch Ablenkung
Um Schmerzen zu lindern oder sogar vollständig zu unterdrücken, wird die Virtual-Reality-Technologie etwa bei Patienten mit Brandverletzungen oder Rückenschmerzen eingesetzt. Hier wird der Patient gezielt von schmerzauslösenden Reizen abgelenkt. Das Stichwort ist Immersion: Der Nutzer bekommt das Gefühl, voll und ganz in die künstliche Realität einzutauchen, während er mit ihr interagiert. Diese Illusion nimmt entscheidenden Einfluss auf unser Gehirn und unsere Sinneswahrnehmung. Der positive Effekt: Vollständige Ablenkung von den auftretenden Schmerzen, zum Beispiel bei einem Verbandswechsel, was den Verzicht auf starke Schmerzmittel möglich machen kann.
Bilder im Kopf: Psychotherapie
Auch die Psychotherapie macht sich die Immersion zunutze. Menschen, die unter Phobien leiden, werden in der Therapie mit ihren Ängsten konfrontiert, zum Beispiel mit Spinnen oder großen Höhen. Patienten mit einer Posttraumatischen Belastungsstörung durchleben ihr Trauma immer und immer wieder, um sich von ihm zu befreien. VR ermöglicht in beiden Fällen eine intensive Erfahrung, mit deren Hilfe sich Therapieerfolge erzielen lassen, da sie reale Erfahrungen nachbilden. Der Therapeut braucht also keine echte Spinne mehr oder muss auf den nächsten Förderturm klettern – eine gute Ergänzung zur konventionellen Expositionstherapie.
Augmented Reality im Operationsaal
Eine ruhige Hand und höchste Konzentration: Eine Operation verlangt nicht nur dem Patienten, sondern auch Chirurgen einiges ab. Um ihm überflüssige Aufgaben abzunehmen, können Assistenzsysteme zum Einsatz kommen. Zum Beispiel können Aufnahmen aus bildgebenden Verfahren während einer Operation mithilfe einer Operationsbrille direkt in das Sichtfeld des Chirurgen projiziert werden. Der Vorteil: Der operierende Arzt kann Röntgenbilder oder MRT-Aufnahmen sichten, ohne den Kopf bewegen zu müssen, um auf Hilfsmonitore zu schauen.
Medizin lernen mit VR
Medizinisches Fachwissen hautnah, auch wenn es sich „nur“ um eine Simulation handelt. Studierende lernen Anatomie heute nicht mehr nur aus Büchern oder am „lebenden“ Objekt. Lernen mit der VR-Brille? Warum nicht? Außerdem lassen sich mit VR chirurgische Eingriffe simulieren, die Ärzte in Ausbildung für den Ernstfall trainieren. Viel ungefährlicher kann man kaum lernen, mit Komplikationen und auch mit der psychischen Belastung im OP umzugehen.