Viele Frauen bemerken in den Wechseljahren Stimmungsveränderungen wie Reizbarkeit, Niedergeschlagenheit und Stimmungswechsel. Was dann hilft.
Die Wechseljahre sind für viele Frauen eine herausfordernde Zeit – körperlich wie seelisch. Viele bemerken eine Verschlechterung ihres psychischen Befindens. Stimmungsschwankungen, Reizbarkeit, Ängste, Schlafstörungen und depressive Verstimmungen können auftreten und das Wohlbefinden beeinträchtigen.1
Der Zeitraum der frühen Wechseljahre vor der eigentlichen Menopause – diese tritt ein Jahr nach der letzten Blutung ein – heißt Perimenopause. Und ist laut Studien besonders kritisch für die Psyche.2 In der Regel betrifft dies die Jahre zwischen 40 und 50. „Man spricht von einem Zeitfenster erhöhter Empfänglichkeit für psychische Instabilität und Erkrankungen wie Depressionen“, sagt Dr. Anneliese Schwenkhagen, Gynäkologin und Vorstandsmitglied der Deutschen Menopause-Gesellschaft.
Wie die Hormone Stimmungsschwankungen auslösen
Das Problem der Perimenopause: „Der bislang geregelte Dialog der Geschlechtshormone Östrogen und Progesteron gerät in dieser Phase völlig durcheinander“, erklärt Schwenkhagen. Insbesondere der Spiegel des Östradiols – das wichtigste und wirksamste der drei natürlich produzierten Östrogene – schwanke extrem, von sehr hoch bis sehr niedrig. „Dieses hormonelle Chaos wird ans Gehirn weitergegeben und kann Symptome wie Stimmungsinstabilität bis zur Depression, Gehirnnebel, Konzentrationsschwierigkeiten, Erschöpfung und Leistungsabfall verursachen.“3 So klagen 60 Prozent der Frauen in den Wechseljahren über Gedächtniseinbußen.4 Wenn die Eierstöcke nach der Menopause ihre Tätigkeit eingestellt haben, nehmen die Beschwerden jedoch in der Regel wieder ab.
Neben den hormonellen Veränderungen ist die Zeit zwischen Anfang 40 und Mitte 50 häufig von weiteren, oft gleichzeitigen Herausforderungen geprägt: Pflegebedürftige Eltern, Konflikte in der Partnerschaft sowie Kinder, die aus dem Haus gehen oder noch viel Fürsorge brauchen, können die psychische Belastung zusätzlich verstärken. Genauso wie berufliche Anforderungen.
Experten und Expertinnen wie Schwenkhagen gehen davon aus, dass die Hormonschwankungen anfälliger für Stress machen. Wie stark Beschwerden und Beeinträchtigungen sind, ist dabei individuell unterschiedlich, da viele Faktoren zusammenwirken: die genetische Veranlagung, aktuelle Belastungen, kraftspendende Ressourcen wie Freundschaften und Hobbys, besonders einschneidende Ereignisse wie eine Trennung oder Jobverlust. „Die Gemengelage aus alldem kann dazu führen, dass Frauen in eine perimenopausale Depression rutschen“, weiß Schwenkhagen. Mit einem Online-Selbsttest zur Stimmungslage lässt sich eine erste Einschätzung gewinnen, ob man möglicherweise an einer Depression leidet und professionelle Hilfe braucht (zum Beispiel auf deutsche-depressionshilfe.de).5 Generell sollte man den eigenen Arzt beziehungsweise die Frauenärztin immer ansprechen, wenn man belastende psychische Veränderungen an sich bemerkt.
Was die Psyche stark macht
Frauen müssen diese Wechseljahressymptome nicht einfach aushalten. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, um die seelische Gesundheit zu stabilisieren. So können Yoga, Akupunktur, Entspannungstechniken und kognitive Verhaltenstherapie laut Studien Wechseljahresbeschwerden häufig lindern. Ebenso spielt Stressmanagement eine wichtige Rolle. Wenn das Leben sehr anstrengend ist, sollten Betroffene überlegen, wo sie konkret gegensteuern und etwas verändern können. „MBSR-Kurse (für Mindfulness-based Stress Reduction, also ‚Achtsamkeitsbasierte Stressreduktion‘) sind sehr empfehlenswert“, sagt Expertin Schwenkhagen. Auch eine ausgewogene Ernährung sowie insbesondere Ausdauersport sind hilfreich. Bewegung kann Schlafstörungen reduzieren und depressive Verstimmungen abmildern.
Gerade ausreichender Schlaf ist essenziell für unser Gehirn.6 „Zwischen gestörtem Schlaf und Depression besteht eine enge Beziehung“, sagt Schwenkhagen.7 Schlafmangel begünstigt Depressionen und Depressionen begünstigen Schlafmangel. Eine bessere Schlafhygiene und gegebenenfalls eine schlafbezogene kognitive Verhaltenstherapie (KVT-I) tragen dazu bei, dass die Nächte wieder erholsamer werden.
Wenn Frauen in den Wechseljahren stark unter Stimmungstiefs leiden, können neben Psychotherapie unter Umständen auch Hormone helfen. „Es gibt Hinweise, dass eine gut abgestimmte und individuell angepasste Hormontherapie das Auftreten depressiver Symptome in der Perimenopause verhindern kann, besonders bei Frauen, die zusätzlich belastende Lebensereignisse erleben“, erklärt Schwenkhagen. Die Datenlage dazu ist aber bislang nicht eindeutig.8 Bei schweren Depressionen ist eine Hormontherapie hingegen nicht zur Behandlung der Depression angezeigt.
Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, um die Umbruchphase der Wechseljahre gut zu bewältigen. Wichtig ist, Symptome ernst zu nehmen und aktiv nach Lösungen zu suchen. Denn die Wechseljahre sind eine Phase des Wandels. Aber auch eine Zeit, in der Frauen lernen können, besonders gut für sich selbst zu sorgen.