Wer ständig auf das Display seines Smartphones schaut und dabei seine Körperhaltung vergisst, bekommt irgendwann Nacken- und Schulterschmerzen. Wer aber Haltung bewahrt, kann einen Handynacken vermeiden.
Ist eine neue Nachricht eingegangen? Schnell eine E-Mail versenden. Die News des Tages oder die sozialen Netzwerke checken. Videos schauen oder ein Spiel daddeln: Das Smartphone ist unser täglicher Begleiter. Im Durchschnitt schauen die Deutschen 88-mal am Tag auf ihr Smartphone. Etwa 53-mal davon entsperren wir das Gerät. Und dann widmen wir ihm unsere volle Aufmerksamkeit – mal nur sehr kurz, aber manchmal auch minutenlang. Und das hat Konsequenzen. Denn häufig nehmen wir bei der Nutzung eine unnatürliche Haltung ein: Die Schultern fallen nach vorne und der Kopf hängt hinunter. Muskelverspannungen, Schulter- und Nackenschmerzen – auch bekannt als Handynacken – lassen grüßen.
Der Nacken ist überstreckt
„Wer steht und auf sein Handy schaut, nimmt eine ähnliche Haltung wie beim Sitzen ein“, sagt Marena Tannhauer, Physiotherapeutin in Bielefeld. „Der Nacken ist überstreckt und die Wirbelsäule fällt förmlich in sich zusammen. Bei so einer Endposition sind die Kapseln endgradig gespannt.“ Das bedeutet eine enorme Last für Bänder, Gelenke und Muskeln. „Zum Vergleich: Stehen wir gerade und aufrecht, dann wiegt unser Kopf allein etwa drei bis fünf Kilogramm. Dieses Gewicht muss hochgehalten werden. Senken wir den Kopf nach vorne, erhöht sich die Kraft um das Siebenfache!“ Diese ständige Belastung, über den Tag verteilt, sei zu groß. Die dauerhaften Fehlhaltungen bringen Verschleißerscheinungen mit sich: „Die Bänder und Muskeln gewöhnen sich an die Daueranspannung.“ Und Tannhauer fügt eine überraschende Info noch hinzu: „Was viele gar nicht wissen: Alleine durch das konzentrierte Fokussieren mit den Augen wird schon die Nackenmuskulatur beansprucht. Sie ist bei der Bewegung des Augenmuskels involviert.“
„Wir laufen nicht mehr rund“
Viele Menschen, die täglich mehrere Stunden sitzend einer Tätigkeit nachgehen, kennen das Nacken-, Schulter- und Rückenproblem schon. Jedoch wird dieses durch das Schauen aufs Mobilgerät noch deutlich verstärkt. Die Schonhaltung wirkt sich letztendlich auch aufs Gehen aus. „Wir laufen nicht mehr rund“, sagt Tannhauer. Menschen, die betroffen sind, „bekommen sich einfach nicht mehr gerade“, erklärt sie. Die Physiotherapeutin hat einen Tipp, um zu überprüfen, ob man selbst betroffen ist: Einfach mal flach auf den Boden legen und versuchen alle Extremitäten abzulegen: „Viele werden merken, dass sie es nicht schaffen, ihre Schultern aufzulegen.“
Die eigene Körperhaltung bewusst wahrnehmen
Was aber tun? „Dagegen arbeiten!“, sagt Marena Tannhauer. Ihre Patienten sollen die Wahrnehmung erst einmal auf sich und ihre Körperhaltung lenken: Wie sitze ich? Wie gehe ich? Wie halte ich meinen Kopf bei der Smartphone-Nutzung? „Im nächsten Schritt erfahren sie dann, wie gerade Haltung eigentlich richtig geht.“ Haltungskorrektur ist da das Zauberwort. Wer zum Beispiel das Brustbein nach vorne schiebt, wird merken, dass sich die Schultern automatisch zurückziehen.
Vorbeugen ist möglich
„Wer schon vor den Beschwerden regelmäßig auf seine Haltung achtet, kann damit schon viel Präventionsarbeit leisten“, rät Marena Tannhauer. Ein Besuch beim Physiotherapeuten kann also auch schon vor einem akuten Handynacken Sinn machen. Tannhauer hat aber auch ein paar Tipps, um selbst im Alltag die Haltung zu bewahren. „Der Körper ist für Bewegung gemacht, daher ist Dynamik erst einmal unbedingt wichtig: Laufen, sich strecken, Kopf und Schultern kreisen lassen, das sind einfache Übungen, die schnell integriert werden können“, sagt Tannhauer. Dazu gibt die Physiotherapeutin noch fünf weitere Tipps:
- Gehen statt stehen: Erheben Sie sich regelmäßig vom Arbeitsplatz. Nehmen Sie die Treppen anstelle des Fahrstuhls, und dabei auch ruhig mal immer nur jede zweite Stufe. Machen Sie kurze Wege zu Fuß statt mit Auto, Bus oder Bahn.
- Nacken entspannen: Wenden Sie Ihren Blick öfter vom Display ab und richten Sie ihn regelmäßig in die Ferne. Damit entspannen Sie Augen – und Nacken. Geben Sie sich selbst kleine Selbstmassagen. Drücken Sie dazu Verspannungs-Schmerzpunkte so lange, bis Sie spüren, dass der Schmerz langsam nachlässt.
- Aktive Pausen: Schaffen Sie Abwechslung zu monotonen Tätigkeiten. Machen Sie einen Spaziergang oder gehen Sie einfach nur einmal die Treppe rauf und wieder runter.
- Dynamik reinbringen: Verharren Sie nicht zu lange in einer Position. Ändern Sie regelmäßig die Sitzposition. Lassen Sie die Schultern kreisen oder schieben Sie die Brust oder mal das Becken nach vorne.
- Handy hoch: Heben Sie bei der Nutzung des Smartphones das Gerät auf Gesichtshöhe und vermeiden Sie es, beim Telefonieren das Handy zwischen Kopf und Schulter zu klemmen. Dann lieber auf ein Headset oder den Lautsprecher setzen.