Ist man erstmal schwanger, stellen sich viele Fragen. Unter anderem: Wo soll die Geburt stattfinden? Über Vor- und Nachteile der einzelnen Geburtsorte.
13.799 Kinder wurden im Jahr 2023 außerhalb von Kliniken geboren. Knapp zwei Prozent aller neugeborenen Kinder sind somit zum Beispiel in den eigenen vier Wänden oder in einem Geburtshaus auf die Welt gekommen. Ein Trend zur außerklinischen Geburt lässt sich mit Blick auf die Zeitleiste feststellen: 2013 waren lediglich knapp 9.000 außerklinische Geburten zu verzeichnen, hier ist also ein Anstieg von über 50 Prozent festzustellen.1
Dennoch: Die große Mehrheit aller werdenden Eltern – über 90 Prozent – entscheidet sich dafür, dass ihr Kind in einer Klinik auf die Welt kommen soll. Dass Frauen den Geburtsort frei wählen können, ist gesetzlich – in § 24 f des Fünften Sozialgesetzbuchs (SGB V)2 – festgeschrieben. Was unterscheidet die einzelnen Geburtsorte und was sind ihre Vor- und Nachteile?
Die Klinikgeburt
Der größte Vorteil einer Klinikgeburt liegt in deren Sicherheit. Bei etwaigen Komplikationen können Ärztinnen und Ärzte hinzugeholt werden und dann sofort reagieren. In der Klinik wird die Gebärende zusammen mit ihrer Begleitperson von der diensthabenden Hebamme betreut. Falls das Baby bis zum Schichtende noch nicht geboren ist, übergibt die Hebamme an ihre Kollegin der nächsten Schicht.
In derzeit rund 60 Kliniken in Deutschland3 besteht die Möglichkeit, in einem Hebammenkreißsaal zu entbinden oder von einer selbst gewählten Hebamme begleitet zu werden, die zur Geburt in die Klinik kommt. Beide Modelle bieten eine Eins-zu-eins-Betreuung, bei der eine Hebamme ausschließlich für eine Frau zuständig ist.
Im Gegensatz zu regulären Geburtskliniken, die über eine geburtshilfliche Abteilung verfügen, sind Perinatalzentren speziell darauf ausgelegt, Früh- und Neugeborene medizinisch umfassend zu versorgen. Für Schwangere mit gesundheitlichen Problemen, die sich auf die Geburt auswirken könnten, sowie für Frühgeborene und Neugeborene mit gesundheitlichen Herausforderungen kann die spezialisierte Versorgung in einem Perinatalzentrum erforderlich oder sinnvoll sein.
Bevor man sich entscheidet, ist eine Beratung durch die behandelnde Frauenärztin oder den behandelnden Frauenarzt beziehungsweise die Hebamme ratsam. Er oder sie kann sagen, ob es Gründe gibt, die eine Entbindung in einem Perinatalzentrum oder in einer Klinik sinnvoll erscheinen lassen. Erfahrungswerte von anderen Müttern können dann die Auswahl möglicherweise zusätzlich erleichtern.4
Die Klinikgeburt bringt auch Nachteile mit sich: Die vertraute Atmosphäre fehlt, die Umgebung wirkt ungewohnt, man muss sich eventuell in Abläufe und Routinen einfügen, die man nicht kennt und selbst so nicht wählen würde.
Die Hausgeburt
Für eine Hausgeburt spricht vor allem die Tatsache, dass sie in einem vertrauten Umfeld stattfindet, in dem man sich wohlfühlt. Dadurch kann es Frauen leichter fallen, sich zu entspannen, was wiederum den Geburtsverlauf begünstigt. Zudem erfolgt die Betreuung von Anfang bis Ende durch eine Hebamme. Der große Nachteil: Zu Hause sind medizinische Eingriffe wie eine PDA oder ein Notkaiserschnitt nicht möglich. Im Falle eines Notfalls und der Verlegung ins Krankenhaus kann wertvolle Zeit verloren gehen.5
„Das große Problem bei den Notfällen ist, dass diese sehr schnell kritisch werden können und behoben werden müssen“, sagt Prof. Michael Abou-Dakn, Ärztlicher Direktor und Chefarzt der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe im St. Joseph Krankenhaus in Berlin. Abou-Dakn, Koordinator der S3-Leitlinie „Die vaginale Geburt am Termin“6, betont, dass das Restrisiko einer außerklinischen Geburt nicht außer Acht gelassen werden sollte. Diese käme seiner Meinung nach nur für Frauen infrage, die eine komplikationslose Schwangerschaft oder – wenn sie ein zweites Kind bekommen – eine unauffällige erste Entbindung hatten. Weitere Ausschlusskriterien sind zum Beispiel eine Diabetes-Erkrankung der Mutter, die mit Insulin behandelt wird, sowie eine Unverträglichkeit der Blutgruppen von Mutter und Kind sowie häufig auch eine Mehrlingsschwangerschaft.7
Wie risikobehaftet eine Hausgeburt tatsächlich ist, ist umstritten. Während Ärzte wie Abou-Dakn die Risiken hervorheben, sagen außerklinische Hebammen, die Hausgeburt sei sicher. Der „Qualitätsbericht 2022 – Außerklinische Geburtshilfe in Deutschland“ zeigt, dass knapp 84 Prozent der Geburten wie geplant am außerklinischen Ort beendet wurden. Von den übrigen 16 Prozent erlebten 15 Prozent eine ruhige Überleitung in die Klinik, etwa ein Prozent der werdenden Mütter musste aufgrund eines Notfalls verlegt werden.8 Entscheidend ist wohl, dass Fälle, in denen eine Hausgeburt zu risikobehaftet wäre, vorher durch Vorsorgeuntersuchungen bereits an Kliniken verwiesen werden.
Geburtshaus – der Mittelweg
Geburtshäuser sind spezielle Einrichtungen, die von Hebammen geleitet werden. Diese arbeiten meist im Team und sind in der Regel aus der Schwangerenvorsorge bekannt. Die Betreuung im Geburtshaus ähnelt der einer Hausgeburt. Gleichzeitig verfügen Geburtshäuser über eine bessere Ausstattung, wie etwa eine große Geburtswanne oder spezielle Einrichtungen für die Reanimation von Neugeborenen. Ärztliche Unterstützung gibt es dort jedoch nicht. Wenn es zu Komplikationen kommt, wird selbstverständlich die Verlegung in ein Krankenhaus organisiert.
Eine Geburt im Geburtshaus ist grundsätzlich eine ambulante Geburt. Das heißt, die frischgebackene Familie bleibt nach der Geburt noch einige Stunden im Geburtshaus und kehrt anschließend nach Hause zurück. Die Hebamme besucht die Familie in der Regel noch am selben Tag zum ersten Wochenbettbesuch.9
Fazit
Ob klassische Klinikgeburt, Geburtshaus oder Hausgeburt – schwangere Frauen können den Geburtsort ihres Kindes frei wählen. Bevor man sich für eine außerklinische Geburt entscheidet, sollte immer eine eingehende ärztliche Beratung erfolgen. Ist die Schwangerschaft unkompliziert verlaufen und bestehen keine besonderen Risiken, die für eine Geburt in einer Klinik sprechen, können ein Geburtshaus oder eine Hausgeburt infrage kommen.