Eine Depression ist eine ernstzunehmende Erkrankung mit vielen Gesichtern. Sie frühzeitig zu erkennen und zu behandeln, ist wichtig – um zurück zur Lebensfreude finden zu können. Über Ursachen, Symptome, Diagnose und Therapie.
Depression – das ist keine medizinische Diagnose, die man sich selbst stellt. Sie zu erkennen ist nicht immer leicht, hat sie doch viele Gesichter. Phasen der Niedergeschlagenheit erfährt wohl jeder Mensch nicht nur einmal in seinem Leben. Erschöpfung aufgrund anstrengender beruflicher Tätigkeit, Trauer aufgrund eines privaten Schicksalsschlags, Mut- oder Antriebslosigkeit wegen einer persönlichen Niederlage – es gibt viele Gründe, die vorübergehend für eine äußerst negative Gefühlslage sorgen können. Eine Depression im medizinischen Sinne geht aber über so eine Phase hinaus. Sie ist behandlungsbedürftig.
Was ist eine Depression?
„Depression ist eine häufige und schwere Erkrankung. Man spricht rein formal von einer Depression, wenn mehrere Krankheitszeichen für mindestens 14 Tage vorliegen“, sagt der Vorstandsvorsitzende der Stiftung Deutsche Depressionshilfe Prof. Dr. Ulrich Hegerl in einem Aufklärvideo. Dabei fallen die Symptome einer Depression immer sehr individuell aus. „Aus medizinisch-therapeutischer Sicht ist die Depression eine ernste Erkrankung, die das Denken, Fühlen und Handeln der Betroffenen beeinflusst, mit Störungen von Körperfunktionen einhergeht und erhebliches Leiden verursacht“, heißt es bei der Deutschen Depressionshilfe. Was eine Depression besonders kennzeichnet: Die Betroffenen können sich nur selten allein von ihren dunklen Gedanken, der Antriebslosigkeit und der anhaltend gedrückten Stimmung befreien.
Ursachen: Zwei Seiten einer Medaille
Es sind mehrere Faktoren und Einflüsse – körperliche wie seelische –, die in eine Wechselwirkung miteinander treten, sich verstärken und zu der psychischen Erkrankung führen. Die Deutsche Depressionshilfe vergleicht sie mit einer Medaille. Sie hat immer zwei Seiten: eine psychosoziale (Entwicklung und Persönlichkeit) und eine neurobiologische Seite. Beide schließen sich nicht aus, sondern ergänzen sich. Faktoren wie eine erbliche Neigung, eine akute und anhaltende psychische Belastung, chronischer Stress, lebensgeschichtliche Einschnitte oder Krankheiten wie Tumore, Parkinson oder eine Schilddrüsenunterfunktion können eine ursächliche Rolle spielen. Als Auslöser einer Depression wirken oft persönlich belastende oder überfordernde Ereignisse oder Situationen. Untersuchungen weisen darauf hin, dass bei Depressionen eine Stoffwechsel- und Funktionsstörung im Gehirn vorliegt. Genauer gesagt tritt ein Mangel der Nervenbotenstoffe Serotonin und/oder Noradrenalin auf.
Symptome: Eine Depression erkennen
Eine Depression kann sich durch körperliche wie psychische Beschwerden äußern. Als Hauptsymptome gelten der Verlust von Interesse und Freude, eine depressive Stimmung und verminderter Antrieb. Hinzu kommen Zusatzsymptome. Je nach Anzahl und Ausprägung der Symptome wird zwischen einer leichten, mittelgradigen oder schweren Depression unterschieden.
Hauptsymptome
- Depressive Stimmung
- Verlust von Interesse und Freudlosigkeit
- Verminderter Antrieb und erhöhte Ermüdbarkeit
Zusatzsymptome
- Verminderte Konzentration
- Schlafstörungen
- Vermindertes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen
- Gefühle von Schuld und Wertlosigkeit
- Verminderter Appetit
- Negative und pessimistische Zukunftsperspektiven/Hoffnungslosigkeit
- Düstere Gedanken/Suizidgedanken/-handlungen
„Wenn mindestens zwei der drei Hauptsymptome und zusätzlich mindestens zwei Nebensymptome über zwei Wochen oder länger vorliegen, wird die Diagnose Depression gestellt“, sagt die Deutsche Depressionshilfe. Dabei gibt es nicht nur eine einzige Diagnose für Depression. Es gibt die unipolare Depression, die durch eine oder wiederkehrende depressive Episoden gekennzeichnet ist. Bei der bipolaren Depression liegt eine manisch-depressive Erkrankung vor. Bei der Dysthymie liegen mindestens zwei Jahre lang depressive Symptome vor, diese sind aber weniger stark ausgeprägt. „Es gibt keinen Menschen mit Depression, der sagt: Ich bin zwar jetzt in einer depressiven Krankheitsphase, aber ich komme da auch wieder raus. Wenn man depressiv ist, hat man immer das Gefühl: Das ist ein Zustand, da gibt es keinen Ausweg“, sagt Prof. Dr. Ulrich Hegerl, „der Leidensdruck ist sehr hoch!“
Häufigkeit: Wer ist betroffen?
Laut einer Studie zu psychischen Störungen in der Allgemeinbevölkerung (Jacobi et al. 2016) erkranken 5,3 Millionen erwachsene Deutsche zwischen 18 und 79 Jahren im Laufe eines Jahres an einer depressiven Störung – Kinder, Jugendliche und Senioren ab 80 sind hier ausgenommen. Betrachtet man ein ganzes Leben, so ist schätzungsweise jeder Fünfte von einer depressiven Störung (unipolar oder anhaltend) betroffen. Dabei erkranken Frauen zwei- bis dreimal so häufig wie Männer. „Depressionen gehören zu den häufigsten und hinsichtlich ihrer Schwere am meisten unterschätzen Erkrankungen“, schreibt die Deutsche Depressionshilfe. Dennoch bleibt schätzungsweise jede zweite Depression unerkannt. Vielen fällt es schwer, mit einem Arzt über ihre seelischen Leiden zu sprechen. Die Depression ist kein Tabuthema, sondern eine Erkrankung, die jeden treffen kann.
Diagnose stellen lassen
Wer bei sich selbst oder Angehörigen typische Zeichen einer Depression erkennt, die wochen- oder sogar monatelang andauern und durch äußere Einflüsse kaum zu beeinflussen sind, der sollte nicht zögern. Also entweder selbst einen Arzt aufsuchen oder als Angehöriger mit einem Arzt über den Betroffenen sprechen oder den Betroffenen rücksichtsvoll dazu ermutigen, einen Arzt aufzusuchen. „Grundsätzlich ist Ihr Hausarzt der erste Ansprechpartner für die Diagnostik und Behandlung von Depression. Bei Bedarf überweist er an einen Facharzt (Psychiater, Nervenarzt) bzw. psychologischen Psychotherapeuten“, rät die Deutsche Depressionshilfe. Zur ärztlichen Diagnose wird zunächst eine gezielte Anamnese vorgenommen, also eine medizinische, biografische und psychologische Bestandsaufnahme durchgeführt.
Therapie: Eine individuelle Behandlung
Eine Depression erfordert eine Therapie, kann aber bei der Mehrheit der Betroffenen erfolgreich behandelt werden: Die Grundpfeiler sind hierbei die Pharmakotherapie (Medikamentenbehandlung) sowie verschiedene Formen der Psychotherapie (z.B. die kognitive Verhaltenstherapie). Antidepressiva werden eher bei mittelschweren bis schweren Depressionen eingesetzt, die zur Erhöhung entsprechender Botenstoffe im neuronalen System beitragen. Ergänzende therapeutische Angebote wie etwa körperliches Training können zur Verbesserung der Symptomatik, der Lebensqualität und der Alltagsbewältigung beitragen. Eine individuelle Kombination aus den Therapiebereichen verspricht den größten Erfolg. Die Chancen auf Genesung oder spürbare Besserung stehen meist sehr gut und können laut Max-Planck-Institut bei 50 bis 60 Prozent der Patienten nach etwa sechs Wochen erreicht werden.
Bin ich depressiv?
Eine Depression zu erkennen, ist nicht einfach, zumal die Betroffenen selbst ihre Lage als solche oft nicht erkennen oder verbalisieren. Selbsttests im Internet können einen ersten Hinweis geben. Aber: für eine gesicherte Diagnosestellung sollten Betroffene ihren Hausarzt, einen Facharzt für Psychiatrie/Psychotherapie/Nervenheilkunde oder einen Psychotherapeuten aufsuchen. Akute Hilfe im Notfall gibt es bei der Telefonseelsorge, die deutschlandweit täglich 24 Stunden kostenfrei und anonym zu erreichen ist, unter der 0800/111 0 111 oder 0800/ 111 0 222 oder über www.telefonseelsorge.de. Weitere Infos rund um das Thema Depression für Betroffene und Angehörige, Onlineangebote und Kontaktdaten von Beratungsstellen, Kliniken oder Selbsthilfegruppen sind unter www.deutsche-depressionshilfe.de zu finden.